Die Anordnung der Urkundenvorlegung sieht sich einem ständigen Verdacht ausgesetzt, zur Ausforschung missbraucht zu werden. Jedoch greift das Ausforschungsverbot nur ein, wenn keine ausreichende rechtliche Grundlage besteht, in die Sphäre des Gegners zu greifen (Koch, a.a.O., S. 159 ff.). Ein generelles Prinzip, wonach einer Partei keine Mittel aus der Sphäre des Gegners zugutekommen dürften, kennt das Prozessrecht nicht. So wie die materiell-rechtlichen Auskunfts- und andere Hilfsansprüche, z.B. §§ 809, 810 BGB, sowie die prozessualen Darlegungspflichten dazu führen können, dass die Partei "dem Gegner die Waffe in die Hand zu geben" hat (vgl. BGH, Urt. v. 2.5.2002 – I ZR 45/01, juris Rn 24), können auch die Aufklärungsinstrumente des Gerichts zu einem solchen Ergebnis führen.
Hinweis:
Die Begriffe Ausforschung, Ausforschungsbeweis und Ausforschungsverbot sind missverständlich. Prozessrechtlich problematisch am Ausforschungsbeweis ist nicht das Ausforschen, sondern die Ungenauigkeit der zu beweisenden Behauptung oder das Fehlen tatsächlicher Anhaltspunkte für sie.
Hierzu das BVerfG (Beschl. v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02, juris Rn 13):
Zitat
Nach in (fachgerichtlicher) Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannter Rechtsauffassung kann eine Beweisaufnahme zu einer erheblichen Tatsache unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Ausforschungsbeweises nur abgelehnt werden, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet ist, diese aber auf das Geratewohl gemacht, gleichsam 'ins Blaue‘ aufgestellt, also aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt. Bei der Annahme einer solchermaßen rechtsmissbräuchlichen Ausforschung wird Zurückhaltung gefordert; in der Regel wird dies nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte für die aufgestellte Behauptung angenommen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.2.1994 – 1 BvR 937/93; BGH NJW 1992, 1967, 1968; BGH NJW 1992, 3106; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, Vor § 284 Rn 5).
Auch wenn das Ausforschungsargument in den meisten Fällen fehlgeht, bleibt zu beachten, dass § 142 ZPO keine dem US-amerikanischen "pre-trial discovery of documents" entsprechende Vorgehensweise einführen will, alle Dokumente, die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen, vorlegen zu lassen und im Hinblick auf mögliche Ansprüche zu sichten (BT-Drucks 14/6036, S. 121; krit. weist Musielak/Voit-Stadler, a.a.O., § 142 Rn 4a, darauf hin, dass die Praxis auf Vorlageersuchen an US-amerikanische Gerichte nach § 1782 United States Codes ausweicht, der US Supreme Court diesbezüglich für großzügige "Rechtshilfe" plädiert und so erlangte Unterlagen im deutschen Prozess verwendet werden können; Zusammenfassung der rechtspolitischen Diskussion bei Prütting AnwBl 2008, 153, 156 f.).