Der BGH hat bereits in seinem Beschluss vom 24.2.2005 (NJW 2005, 1273) festgestellt, dass Franchise-Nehmer mit der Unterzeichnung des Franchisevertrags Unternehmer i.S.v. § 14 BGB werden, dass allerdings weiterhin die Notwendigkeit besteht, solche Existenzgründungs-Franchise-Nehmer bei einer durch den Franchisevertrag begründeten Bezugsbindung über ihr Widerrufsrecht zu belehren, vorausgesetzt, die auf der Grundlage des Franchisevertrags zu tätigenden Investitionen übersteigen nicht die Widerrufswertgrenze i.H.v. 75.000 EUR i.S.v. § 512 BGB (zum Ganzen: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, a.a.O., §§ 355, 356 BGB Rn 70–73).
Durch die Instanzentscheidungen (LG Berlin, Urt. v. 13.3.2018 – 103 O 90/17; AG Kassel, Urt. v. 2.5.2018 – 435 C 419/18; LG Bonn, Urt. v. 27.2.2018 – 8 S 200/17) wird erneut die sich immer bei Franchisesystemen stellende Frage relevant, ob der Abschluss eines Franchisevertrags noch den Maßnahmen zur Vorbereitung der Unternehmereigenschaft zuzuordnen ist oder durch den Abschluss des Franchisevertrags bereits die Unternehmereigenschaft begründet wird. Im Kern läuft dies auf die Abgrenzungsfrage hinaus, wie lange ein Franchise-Nehmer-Interessent "noch Verbraucher" ist und wann er zu einem "Schon-Unternehmer" wird.
Grundsätzlich gilt nach wie vor der Beschluss des BGH vom 24.2.2005 (NJW 2005, 1273), wonach ein Existenzgründungs-Franchise-Nehmer-Interessent mit Unterzeichnung des Franchisevertrags Unternehmer i.S.v. § 14 BGB wird (s. dazu Flohr, Franchisevertrag, 4. Aufl. 2010, S. 69 f. m.w.N.). Doch sind Einzelfragen weiter ungeklärt, wie die Entscheidungen des LG Bonn (Urt. v. 20.3.2018 – 8 S 200/17), des AG Kassel (Urt. v. 2.5.2018 – 435 C 419/18) und letztlich des LG Berlin (Urt. v. 13.6.2018 – 103 O 90/17) zeigen.
Festzuhalten ist als Quintessenz aller drei Entscheidungen der Instanzgerichte, dass allein die Vertragsverhandlungen und der nachfolgende Abschluss eines Franchisevertrags nicht ausreichen, um eine Unternehmereigenschaft zu begründen, mit der Konsequenz, dass eine Widerrufsbelehrung gem. §§ 355, 356 BGB nicht erforderlich ist. Ist allerdings das Ladenlokal bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Franchisevertrags angemietet worden und schon in entsprechender Weise ausgestattet, d.h. die Einrichtung eingebaut und der Warenbestand verräumt worden, dann ist nach der Rechtsprechung davon auszugehen, dass ein solcher Existenzgründungs-Franchise-Nehmer bereits als "Schon-Unternehmer" einzustufen ist, so dass eine Widerrufsbelehrung entfallen würde.
Da die Abgrenzungsfragen aber nach wie vor streitig sind, bleibt es bei der Empfehlung, immer eine Widerrufsbelehrung vorzunehmen, um so auf der "sicheren Seite" zu sein. Zwar gibt es bei einer unzutreffenden oder unterbliebenen Widerrufsbelehrung nicht mehr das ewige Widerrufsrecht i.S.v. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. Allerdings verlängert sich bei einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist gem. § 356 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. von 14 Tagen auf 1 Jahr und 14 Tage. Wird bis dahin kein Widerruf erklärt, ist das Widerrufsrecht verwirkt. Während dieser Zeit bleibt aber allerdings die Rechtsunsicherheit der Widerrufbarkeit beim Franchise-Geber.
Praxishinweis:
Insofern ist auch vor dem Hintergrund der drei vorgenannten Entscheidungen immer wieder zu empfehlen, eine Widerrufsbelehrung bei Abschluss eines Franchisevertrags vorzunehmen und nicht darüber zu diskutieren, ob deren Notwendigkeit noch besteht oder deswegen nicht mehr gegeben ist, weil der Franchise-Nehmer-Interessent als "Schon-Unternehmer" einzustufen ist.
Autor: Rechtsanwalt Prof. Dr. Eckhard Flohr, Düsseldorf/Kitzbühel
ZAP F. 6, S. 343–354