Im Gesetzgebungsverfahren höchst umstritten war die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene Neudefinition des leistungsberechtigten Personenkreises: Nach § 99 SGB IX des Entwurfs sollte nur diejenige Person eine leistungsbegründende "Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft" haben, die u.a. in mindestens fünf Lebensbereichen – diese waren in § 99 Abs. 2 SGB IX d.E. aufgeführt – personelle oder technische Unterstützung benötigte. Die massive Kritik an dieser Idee, weil das Herausfallen bestimmter Gruppen von Leistungsberechtigten aus der Eingliederungshilfe befürchtet wurde, hat der Gesetzgeber aufgenommen; er hat den Zugang zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht geändert, sondern in § 99 SGB IX für die Definition des leistungsberechtigten Personenkreises auf § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII und die §§ 1 bis 3 Eingliederungshilfe-Verordnung in der am 31.12.2019 gültigen Fassung verwiesen.
Hinweis:
Es bleibt also auch nach dem 1.1.2020 dabei, dass Eingliederungshilfe Personen zu leisten ist, die durch eine Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insb. nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
Erst zum Jahr 2023 (vgl. Art. 25a BTHG) soll ein an den ICF-Kriterien orientierter Ansatz den berechtigten Personenkreis genauer beschreiben, wobei Voraussetzung dafür ist, dass bis dahin ein Bundesgesetz geschaffen worden ist, das die Einzelheiten für den Zugang zu den Leistungen der Eingliederungshilfe regelt.
Mittlerweile liegt der Forschungsbericht "Rechtliche Wirkungen im Fall der Umsetzung von Artikel 25a § 99 BTHG (ab 2023) auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe" vor (abrufbar unter https://www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/Forschungsberichte/Forschungsberichte-Teilhabe/fb-517-rechtliche-wirkungen-auf-leistungsberechtigten-personenkreis-der-eingliederungshilfe.html ). Dieser kommt – zusammengefasst – zum Ergebnis, dass eine quantifizierende Neudefinition des leistungsberechtigten Personenkreises ("5/3 aus 9" oder "4/2 aus 9") einerseits dazu führte, dass ein Teil der derzeit leistungsberechtigten Personen keine Leistung mehr erhielte, umgekehrt aber auch ein erheblicher Teil zum Kreis der leistungsberechtigten Personen hinzukäme. Das Kriterium, dass der leistungsberechtigte Personenkreis durch das Verfahren unverändert bleiben soll, würde daher nicht erfüllt (s. Forschungsbericht a.a.O., S. 115 ff.).