Überwiegend kritisch fielen die Stellungnahmen der eingeladenen Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags zum Thema Verbraucherschutz Anfang März aus. Zwar wurde das Ziel des Entwurfs der Bundesregierung für ein „Gesetz für faire Verbraucherverträge”, das die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber der Wirtschaft stärken soll (vgl. zum Referentenentwurf: Anwaltsmagazin ZAP 4/2020, S. 182), von den Experten weitgehend geteilt; die konkrete Umsetzung wurde hingegen sowohl vonseiten der Rechtswissenschaftler und der betroffenen Unternehmen als auch vonseiten der Verbraucherschützer kritisiert, wenn auch mit unterschiedlicher Stoßrichtung.
Der Gesetzentwurf sieht u.a. vor, die Wirksamkeit einer Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen über eine bindende Vertragslaufzeit von über einem Jahr bis zu zwei Jahren an zusätzliche Bedingungen zu knüpfen. Verträge sollen nur dann automatisch über drei Monate bis zu einem Jahr verlängert werden dürfen, wenn das Unternehmen Kunden rechtzeitig auf die Kündigungsmöglichkeit hinweist. Diese Regelungen sollen durch eine verkürzte Kündigungsfrist von einem Monat ergänzt werden. Weiter sieht der Entwurf ein Textformerfordernis für Energielieferverträge vor.
Ein Wirtschaftsrechtler von der Hochschule Pforzheim bemängelte an dem Entwurf deutliche Defizite bei der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. Die Kündigungsmöglichkeiten sollten so einfach wie möglich sein, sagte er mit Hinweis auf einen ebenfalls eingebrachten Bundesratsvorschlag für eine Kündigungsmöglichkeit mit einem Klick. Auch für die sog. Bestätigungslösung hätte er sich eine umfassendere Regelung gewünscht.
Ein Pforzheimer Rechtswissenschaftler erklärte, Verbraucherschutz bedeute insb. auch, dem Verbraucher die Durchsetzung seiner Rechte einfach zu machen. Ziel eines neuen Gesetzes sollte es daher sein, die verbraucherschützenden Regelungen möglichst einfach zu gestalten. Ausnahmen und die Regelung spezifischer Einzelfälle führten für die Unternehmen zu mehr Aufwand und für die Verbraucher zu Verunsicherung und hinderten damit die Geltendmachung der gesetzlichen Rechte. Damit sei niemandem gedient. Sein Kollege von der Universität Bayreuth ergänzte, dass der Titel des Gesetzes letztlich „grob irreführend” sei, weil er suggeriere, dass die Fairness von Verbrauchervertragsbeziehungen in großem Rahmen angegangen würde. Tatsächlich gehe es nur um einige wenige Sachfragen. Zudem monierte er u.a. die vorgeschlagene Regelung zu den Vertragslaufzeiten. Sie sei ungeeignet und solle durch eine Konzeption zur Stärkung des Dauerschuldverhältnisses und der Vermeidung von Kettenbefristungen ersetzt werden. Auch der Vertreter des Deutschen Anwaltvereins erklärte, dass die vorgesehenen Laufzeitregelungen in der Praxis mehr Verwirrung als Nutzen stiften könnten. Insgesamt gebe es nach wie vor kein echtes Bedürfnis für eine solche Änderung. Die bisherige gesetzliche Regelung sei klar, handhabbar und einfach.
Die Vertreterin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) begrüßte das Vorhaben zwar grundsätzlich. Sie kritisierte aber, dass der Regierungsentwurf nicht weit genug gehe; so bleibe er in zentralen Punkten hinter dem Referentenentwurf zurück, etwa bei den maximalen Vertragslaufzeiten. Demgegenüber sahen die Fachleute aus der Wirtschaft auch die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bereits etwas zurückgenommenen Regelungen zu Vertragslaufzeiten und Preisobergrenzen als noch viel zu weitgehend an. Sie seien problematisch und ein erheblicher Eingriff in die Vertragsfreiheit der Vertragspartner; zudem würden sie künftig zu höheren Preisen für Verbraucher führen.
[Quelle: Bundestag]