Im Beschluss des BGH (v. 18.11.2020 – 4 StR 118/20, StRR 2/2021, 14) ist die bislang in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht entschiedene Frage der Hemmung der Unterbrechungsfristen nach § 229 Abs. 1 und Abs. 2 StPO bei wiederholter Erkrankung einer oder mehrerer in § 229 Abs. 3 S. 1 StPO genannten Personen entschieden worden. Der Angeklagte hatte mit seiner Revision u.a. gerügt, die Unterbrechungsfristen des § 229 Abs. 2 StPO seien in zwei Fällen nicht gewahrt worden. Der Rüge lag folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Die Hauptverhandlung, die am 13.2.2018 begonnen hatte, wurde am 18.9.2018 – dem 21. Hauptverhandlungstag – unterbrochen und am 29.10.2018 fortgesetzt. Die Unterbrechungsfrist war gem. § 229 Abs. 3 S. 1 StPO wegen der Erkrankung einer beisitzenden Richterin gehemmt, was das Landgericht durch Beschluss feststellte. Vom 29.10.2018 bis zur Unterbrechung am 18.12.2018 fand die Hauptverhandlung an insgesamt neun Tagen statt und wurde am 6.2.2019 fortgesetzt. Während dieser Unterbrechung war die Vorsitzende erkrankt; das Landgericht stellte durch Beschluss die abermalige Hemmung der Unterbrechungsfrist fest. Vom 6.2.2019 bis zum 12.3.2019 fand die Hauptverhandlung an insgesamt sechs Hauptverhandlungstagen statt. Am 12.3.2019 wurde sie bis zum 16.4.2019 unterbrochen. Während dieser Unterbrechung war erneut die beisitzende Richterin erkrankt. Das Landgericht stellte abermals durch Beschluss die Hemmung der Unterbrechungsfrist fest. Aussetzungsanträge der Verteidigung lehnte es ab. Der Angeklagte war der Auffassung, eine wiederholte Hemmung der Unterbrechungsfrist gem. § 229 Abs. 3 StPO komme hier nicht in Betracht, sodass die Unterbrechungen vom 18.12.2018 bis zum 6.2.2019 sowie vom 12.3. bis zum 16.4.2019 die Fristen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO überschritten hätten.
Der BGH (StRR 2/2021, 14) hat anders entschieden. Ob und unter welchen Voraussetzungen bei wiederholter Erkrankung einer der in § 229 Abs. 3 StPO (in der Fassung v. 5.7.2017) genannten Personen der Lauf der in § 229 Abs. 1 und 2 StPO bestimmten Fristen jeweils erneut gehemmt wird, sei höchstrichterlich bislang nicht entschieden worden. Auch Rechtsprechung der OLG liege hierzu – soweit ersichtlich – nicht vor. In der Literatur finde sich zwar keine Stimme, die eine wiederholte Hemmung des Laufs der Unterbrechungsfrist gem. § 229 Abs. 2 StPO während einer Hauptverhandlung für ausgeschlossen erachtet. Es werde aber die Auffassung vertreten, eine wiederholte Hemmung setze jedenfalls voraus, dass die Hauptverhandlung nach einer ersten Hemmung an mindestens zehn weiteren Tagen fortgesetzt worden sei. Denn aufgrund der vergleichbaren Interessenlage und des Normzwecks würden die Beschränkungen des § 229 Abs. 2 StPO analog auch für § 229 Abs. 3 StPO gelten (Zieschang StV 1996, 115 zu § 229 StPO in der Fassung vom 7.4.987). Nach der überwiegend vertretenen Auffassung solle es hingegen genügen, wenn zwischen den Unterbrechungen an einem Tag verhandelt worden sei (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 229 Rn 5; Gmel in: KK-StPO, 8. Aufl., § 229 Rn 11; Becker in: LR-StPO, 27. Aufl., § 229 Rn 24; Gorf in: BeckOK-StPO, 37. Ed., § 229 Rn 8; Grube in: SSW-StPO, 4. Aufl., § 229 Rn 14).
Der BGH (StRR 2/2021, 14) schließt sich der herrschenden Auffassung an: Das begründet er mit dem Wortlaut der Vorschrift sowie mit teleologischen und systematischen Erwägungen. Bereits der Wortlaut des § 229 Abs. 3 StPO enthalte keinen Hinweis, dass eine wiederholte Hemmung von Unterbrechungsfristen ausgeschlossen sei oder der einschränkenden Voraussetzung einer bestimmten Mehrzahl von Fortsetzungsterminen zwischen den Unterbrechungen unterliege. Der Vergleich des Wortlauts des § 229 Abs. 2 und Abs. 3 StPO spreche auch gegen eine Übertragung der Voraussetzungen der Unterbrechung nach § 229 Abs. 2 StPO auf die Fälle der Fristhemmung des § 229 Abs. 3 StPO. In § 229 Abs. 3 StPO heißt es, die Hemmung trete ein, sobald die Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden habe; das Wort „jeweils”, das in § 229 Abs. 2 StPO enthalten sei, fehle hier. Nach dem Wortverständnis der Norm reiche es danach aus, wenn vor Eintritt einer – auch wiederholten – Hemmung insgesamt an mindestens zehn Tagen verhandelt worden sei. Der Zweck des § 229 Abs. 3 StPO spreche ebenfalls für dieses Verständnis. Die Norm solle es ermöglichen, eine Hauptverhandlung im Fall von Ereignissen fortzusetzen, die dem Einfluss des Gerichts entzogen seien (vgl. BT-Drucks 10/1313, S. 24 ff.). Dem würde es – so der BGH – zuwiderlaufen, wenn der Eintritt einer erneuten Hemmung davon abhinge, dass eine bestimmte Anzahl an Fortsetzungsterminen seit der letzten Hemmung stattgefunden habe. Mit Blick auf den Zweck der Norm greife auch das systematische Argument nicht durch, die uneingeschränkte wiederholte Anwendung von § 229 Abs. 3 StPO widerspreche der Detailregelung des § 229 Abs. 2 StPO (so aber Zieschang StV 1996, 115, 116). Die einzelnen Regelungen des § 229 StPO würden den strafprozessualen Konzentration...