Das zuvor Gesagte gilt auch im Konzern. Eine generelle Haftung der Muttergesellschaft für ihre Tochtergesellschaften würde die differenzierte Zurechnung von Vermögensrechten und Verbindlichkeiten über Bord werfen, erzwänge Änderungen im Gesellschafts-, Insolvenz-, Bilanz- und Steuerrecht und hätte gravierende Konsequenzen für die Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital oder Kreditgewährung (MüKo/Wagner, a.a.O., BGB § 823 Rn 112 f.).
In einem Konzern ist die Haftung der Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten eines gem. § 15 AktG verbundenen Unternehmens denkbar, wenn zwischen den Unternehmen ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag besteht (§§ 303, 309, 310 AktG; zum Steuerrecht siehe §§ 73 S. 1 AO, 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) oder wenn dem verbundenen Unternehmen Nachteile durch die Einflussnahme der Muttergesellschaft entstehen (§§ 317, 318 AktG) oder wenn die Muttergesellschaft eine abhängige GmbH gem. § 826 BGB existenzvernichtend schädigt (BGH, Urt. v. 23.4.2012 – II ZR 252/10, BGHZ 193, 96 Rn 13).
Hinweis:
Im Konzern geht es grds. um eine rein interne Gesellschafterhaftung.
Bei struktureller Weisungsabhängigkeit der Tochtergesellschaft (§ 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG) kann ein Konzernunternehmen unter Umständen im Außenverhältnis Verrichtungsgehilfe der Muttergesellschaft i.S.d. § 831 Abs. 1 BGB sein (im konkreten Fall Verbreitung einer gemäß HWG verbotenen Wertreklame: BGH, Urt. v. 25.4.2012 – I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279 Rn 45).
In diese binnenrechtliche Betrachtung reiht sich die Entscheidung des BGH ein, dass sich allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten ergibt, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft gem. § 43 Abs. 1 GmbHG bzw. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grds. nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung grds. nur Schadensersatzansprüche der Gesellschaft entstehen (im konkreten Fall ging es um Rechnungen für Scheinlieferungen: BGH, Urt. v. 10.7.2012 – VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn 22 ff.; anders zum Schutz eines verlängerten Eigentumsvorbehalts: BGH, Urt. v. 5.12.1989 – VIâEUR™ZR 335/88, BGHZ 109, 297 sub Ziff. II.3).