1. Einführung
Die bisherige Eingangsnorm des § 1896 BGB a.F. wird nach der neuen Zählung zu § 1814 BGB n.F. Betont wird, dass eine Unfähigkeit zur Erledigung der Angelegenheiten im „rechtlichen” Sinne vorliegen müsse. Dies ist ein weiterer Versuch, den überzogenen Erwartungen an Betreuer an die Regelung des gesamten Lebens eines Betreuten entgegenzutreten, welche auch durch die misslungene Bezeichnung „Betreuer” gefördert wurde (zudem Schneider, BtPrax 2021, 9).
Eine der wesentlichen Zielsetzungen der Reform ist die Kostenreduzierung durch möglichst wenige Betreuungen, insb. Berufsbetreuungen. Daher – und auch zur Unterstützung der Selbstbestimmung – wird an verschiedenen Stellen die Bedeutung der Erforderlichkeit einer Betreuung betont.
2. Voraussetzungen, insb. Erforderlichkeit
Neben einigen Glättungen und Modernisierungen ist die Betonung des Erforderlichkeitsgrundsatzes deutlich zu sehen. Es ist denkbar, dass in Zukunft einige Betreuungen schon durch Maßnahmen im Vorfeld oder während eines Betreuungsverfahrens obsolet werden.
Besonders interessant könnte die sog. erweiterte Unterstützung nach § 8 BtOG werden. Was bisher in § 4 Abs. 2 BtBG erwähnt wurde, ist nun in § 8 BtOG ausführlich geregelt. Die Behörde soll andere Hilfen und Kontakte zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten im sozialrechtlichen Rahmen vermitteln. Eigene Tätigkeiten als erweiterte Unterstützung durch die Behörde zur Lösung eines akuten Problems sind möglich (§ 8 Abs. 2–4 BtOG). Dazu können auch Betreuer beauftragt werden, die dann nicht als Betreuer tätig werden, sondern vor einer Betreuungseinrichtung zu deren Vermeidung durch Hilfestellung bei akuten Problemen.
- Voraussetzungen werden nun in § 1814 BGB n.F. geregelt (§ 1896 BGB Abs. 1–2 a.F.).
- Es gibt (weiter) strenge Anforderungen an die Erforderlichkeit.
- Der Vorrang von Vorsorgebevollmächtigungen wird betont. Es wird klargestellt, dass der Vorsorgebevollmächtigte ausdrücklich nur noch „gleichermaßen” statt „ebenso gut” (a.F.) geeignet sein muss.
- Der Vorrang von „anderen Hilfen” wird betont. Dazu werden den Betreuungsbehörden umfassende Aufgaben im Vorfeld einer Betreuungseinrichtung zugewiesen (vgl. auch § 8 BtOG).
- Der Vorrang der Unterstützung durch die Sozialleistungsträger wird ausdrücklich in einem neuen vierten Absatz des § 17 SGB I n.F. festgeschrieben. Diese wurde mitunter mit Verweis auf die Möglichkeit einer Betreuung verweigert.
3. Aufgabenkreis
Der Begriff des „Aufgabenkreises” umfasst jetzt alle Befugnisse des Betreuers, welche wiederum „Aufgabenbereiche” bilden. Diese sind so sparsam und konkret wie möglich anzuordnen. Damit soll so wenig wie möglich in die Selbstbestimmung eingegriffen und Betreuungen (und damit auch Kosten) begrenzt werden.
- Aufgabenkreise (bzw. -bereiche) werden in § 1815 BGB n.F. geregelt (§ 1896 Abs. 2–4 BGB a.F.).
- Begrifflich hat der Betreuer nur noch einen „Aufgabenkreis”, aber mit einzelnen „Aufgabenbereichen”.
- Jeder Aufgabenbereich muss einzeln benannt werden.
- Eine Betreuung pauschal für alle Aufgabenbereiche ist unzulässig; bisherige Anordnungen dieser Art sind zu ändern.
- Neu ist, dass die besonders sensiblen Aufgabenbereiche „Umgang” und „Aufenthaltsbestimmung im Ausland” ausdrücklich angeordnet werden müssen, wenn das Gericht dies als erforderlich ansieht (§ 1815 Abs. 2 BGB n.F.; vgl. auch Engelfried, BtPrax 2022, 77).
4. Verfahren
Die Aufgaben der Betreuungsbehörde im Einrichtungsverfahren wurden erweitert. Die Regelungen zum Sozialbericht wurden weiter ausgebaut und genauer formuliert. Im Abs. 2 des § 11 BtOG wird er genauer beschrieben, was bislang in § 279 Abs. 2 S. 2 FamFG a.F. zu finden war. Gemäß § 11 Abs. 3 BtOG ist die Behörde i.R.d. Berichterstellung verpflichtet, die erweiterte Unterstützung anzubieten und ggf. durchzuführen. Durch die Änderung in § 279 Abs. 2 FamFG n.F., wonach der Sozialbericht grds. vor der medizinischen Begutachtung erstellt werden soll, gewinnt der Bericht der Betreuungsbehörde weiter an Bedeutung.
Die Aufgaben der Betreuungsbehörde umfassen: