Nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung ist eine Rotlichtüberwachungskamera ein zulässiges Beweismittel (vgl. dazu grundlegend KG DAR 1992, 224), sie muss aber geeicht sein (KG a.a.O.; OLG Hamm VRS 84, 51; OLG Karlsruhe VM 94, 7). Das mit der automatischen Überwachungskamera gekoppelte Uhrwerk wird nämlich als Zeitmesser eingesetzt und gezielt zu Beweiszwecken benutzt. Es dient damit Messzwecken und unterliegt daher als Messgerät der Eichpflicht nach dem MessEG (so auch noch Löhle/Beck DAR 2000, 1, 6 für das EichG a.F.).
Hinweis:
Ist der Sicherungsstempel des geeichten Messgeräts zum Schutz vor Beschädigung mit einem undurchsichtigen, aber mühelos abziehbaren Klebeband versehen, führt das nur dann zum Erlöschen der Eichung, wenn der Sicherungsstempel nicht mehr als solcher erkennbar ist und seine Funktion nicht mehr zu erfüllen vermag (OLG Köln DAR 2001, 421 für Geschwindigkeitsmessgerät).
Bei einem durch eine automatische Rotlichtkamera festgestellten Verstoß müssen in dem amtsgerichtlichen Urteil grundsätzlich keine näheren Angaben über die Arbeitsweise der Anlage enthalten sein. Auch muss die Frage der technischen Zuverlässigkeit nicht erörtert werden. Bei einem amtlich zugelassenen Gerät handelt es sich nämlich um ein sog. standardisiertes Messverfahren i.S.d. Rechtsprechung des BGH (vgl. dazu BGH NZV 1993, 485). Es reicht dann – ebenso wie bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung – die Mitteilung des Messverfahrens und des ggf. berücksichtigten Toleranzwertes im Urteil (BGH a.a.O.; BayObLG DAR 1994, 123; OLG Oldenburg DAR 1996, 368; OLG Düsseldorf DAR 2003, 86; zur Geschwindigkeitsüberschreitung s. Burhoff ZAP F. 9, S. 877, 881 f.).
Hinweis:
Etwas anderes gilt dann, wenn konkrete Messfehler behauptet werden. Mit denen muss der Tatrichter sich dann in seinem Urteil auseinandersetzen (st. Rspr.; vgl. BGH a.a.O.; NZV 1998, 120, OLG Hamm DAR 2000, 129, jeweils m.w.N.). Etwas anderes gilt auch, wenn die Rotlichtzeit von einer Sekunde nur knapp überschritten ist (OLG Oldenburg a.a.O.; ähnlich OLG Bremen DAR 2002, 225).
Entscheidend für die Berechnung der Rotlichtzeit ist nach inzwischen h.M. in der Rechtsprechung grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem das Fahrzeug des Betroffenen die Haltelinie überfährt (s.o.). Wann der Betroffene nun die Haltelinie überfahren hat, wird errechnet durch eine Auswertung der beiden Fotos, die von der automatischen Kamera gefertigt worden sind. Auf diesen werden die entsprechenden Zeiten festgehalten. Unter Berücksichtigung der festzustellenden Abstände kann dann durch eine Weg-Zeit-Berechnung ausgerechnet werden, wann die Haltelinie passiert wurde (wegen der Einzelheiten s. Burhoff/Grün/Groß, a.a.O., Teil 1 Rn 1354 ff.). Insoweit muss der Verteidiger auf Folgendes achten: In der Praxis liegt die erste Induktionsschleife, die die Messung auslöst, i.d.R. hinter der Haltelinie. Deshalb muss bei der Berechnung zugunsten des Betroffenen von dem gemessenen Wert die Zeit abgezogen werden, die er benötigt hat, um die Strecke von der Haltelinie bis zu dem Punkt der Induktionsschleife zurückzulegen, an dem die Messung erfolgt. Das kann eine Verminderung der Rotlichtzeit um bis zu 0,3 Sekunden, bei sehr langsamer Fahrt sogar um bis zu 0,5 Sekunden zur Folge haben (OLG Köln NZV 1998, 472).
Hinweis:
Ob so gemessen worden ist, kann der Verteidiger daran erkennen, dass auf dem Messfoto das Fahrzeug mit den Vorderrädern die Haltelinie bereits passiert hat (Gebhardt zfs 1999, 325).
Bei der Berechnung der Rotlichtzeit wird häufig nur von der Durchschnittsgeschwindigkeit des Betroffenen ausgegangen. Das ist für den Betroffenen aber auf jeden Fall dann nachteilig, wenn er beim Annähern an die LZA nach Aufleuchten des Gelblichts sein Fahrzeug beschleunigt hat. Dann ist nämlich im Kreuzungsbereich die Geschwindigkeit höher als die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit, der Betroffene legt also eine kürzere Strecke zurück. Das bedeutet, dass die Entfernung zur Haltelinie im Moment des Umschaltens auf Rot und damit auch die Dauer der Rotlichtzeit beim Passieren der Haltelinie kürzer gewesen sein kann.
Hinweis:
Diese Fragen werden i.d.R. nur von einem Sachverständigen ausreichend sicher geklärt werden können. Dessen Hinzuziehung muss der Verteidiger daher ggf. beantragen. Das gilt vor allem dann, wenn die maßgebliche Rotlichtzeit von einer Sekunde nur knapp überschritten ist. Hier kann die Einschaltung eines Sachverständigen, dessen Berechnungen zu einer unter einer Sekunde liegenden Rotlichtzeit führen, den Betroffenen dann vor einem Fahrverbot bewahren.
Fraglich ist, ob und welche Toleranzwerte von einer Rotlichtzeit ggf. zu berücksichtigen/abzuziehen sind. In der OLG-Rechtsprechung war das bislang nicht entschieden. Deshalb hat vor einiger Zeit das OLG Braunschweig (NJW 2007, 391 = VA 2006, 196) einen von ihm zu entscheidenden Fall zum Anlass genommen, von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig und Berlin (PTB), die für die Zulassung aller in Deutschland zur Eichung zugelassenen Rotlic...