Liegt ein Rotlichtverstoß vor, stellt sich als nächstes die Frage, welche Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen im tatrichterlichen Urteil zu stellen sind (eingehend dazu auch Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3608 ff.). Für den einfachen Rotlichtverstoß gilt Folgendes:
1. Allgemeines
Auch beim Rotlichtverstoß ist zunächst die Angabe von Tatort und Tatzeit erforderlich. Gerade beim Rotlichtverstoß sollte der Verteidiger besonders darauf achten, ob das amtsrichterliche Urteil Angaben dazu enthält. Anders ist die Tat "Rotlichtverstoß", bei der es sich um eine in gleicher Weise vielfach vorkommende Verkehrsordnungswidrigkeit handelt, für den Betroffenen nämlich nicht identifizierbar (OLG Düsseldorf VRS 97, 65; OLG Hamm DAR 1999, 381). Etwas anderes gilt, wenn Besonderheiten vorliegen. Eine Besonderheit liegt beispielsweise vor, wenn der Betroffene nach dem Rotlichtverstoß angehalten worden ist. Dann wird er i.d.R. allein schon deswegen die Tat "Rotlichtverstoß" identifizieren können (OLG Hamm a.a.O.).
Hinweise:
Allerdings muss diese Besonderheit dann aber auch im Urteil festgestellt sein und darf sich nicht nur aus der Akte ergeben.
Gerade bei Rotlichtverstößen muss der Verteidiger schon den Bußgeldbescheid daraufhin überprüfen, ob Tatzeit und -ort überhaupt bzw. zutreffend angegeben sind. Ist das nämlich nicht der Fall, kann der Bußgeldbescheid, wenn keine Besonderheiten, wie z.B. das erwähnte Angehalten werden nach dem Rotlichtverstoß, gegeben sind, wegen Verstoßes gegen § 66 OWiG unwirksam sein. Das hat zur Folge, dass durch einen solchen Bußgeldbescheid die Verjährung nicht gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen wird und demgemäß spätestens beim OLG das Verfahren gegen Ihren Mandanten eingestellt werden muss (vgl. die Fallgestaltung bei OLG Hamm a.a.O.).
2. Umstände des Verkehrsverstoßes
Welche Feststellungen sind beim Rotlichtverstoß im Übrigen zu treffen? Grundsätzlich sind beim (allgemeinen) Rotlichtverstoß Feststellungen nötig, wo sich der Betroffene beim Umspringen der LZA auf Rot befand und ob er unter Berücksichtigung der zulässigen Geschwindigkeit und der Dauer der Gelbphase noch gefahrlos vor der LZA halten konnte (OLG Köln VM 1984, 83; OLG Jena NZV 1999, 304). Früher verlangte die Rechtsprechung darüber hinaus auch beim innerörtlichen Verstoß Feststellungen zur Dauer der Gelbphase, der zulässigen und der vom Betroffenen eingehaltenen Geschwindigkeit sowie Angaben dazu, wie weit er noch von der Ampel entfernt war, als diese von Grün auf Gelb umsprang (vgl. die Nachweise bei Hentschel/König, StVR, § 37 StVO Rn 61). Nachdem der BGH inzwischen aber bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen vom Tatrichter grundsätzlich keine detaillierten Feststellungen zur Messmethode mehr verlangt (vgl. BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 308; s. wegen der Einzelheiten Burhoff ZAP F. 9, S. 877, 881 m.w.N.), verzichtet der überwiegende Teil der OLG-Rechtsprechung jetzt bei Rotlichtverstößen hierauf (KG, Beschl. v. 24.2.2016 – 3 Ws (B) 649/15-122 Ss 183/15; OLG Hamburg DAR 1995, 500; OLG Düsseldorf NZV 1996, 81 und VRS 95, 439; OLG Hamm VRS 85, 464 = NZV 1993, 492 und 91, 67). Allgemein wird davon ausgegangen werden, dass nach der Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO zu § 37 Abs. 2; abgedruckt bei Hentschel/König, § 37 StVO Rn 14 ff.; Bundesanzeiger v. 3.4.1992, S. 2885 = VkBl. 1992, 189) innerorts die Gelbphase zwischen dem Ende des Grünlichts und Beginn von Rotlicht bei der in der regelzulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bei drei Sekunden liegt (zuletzt KG, Beschl. v. 24.2.2016 – 3 Ws (B) 649/15-122 Ss 183/15). Dass es sich um einen innerörtlichen Verstoß gehandelt hat, muss sich aber aus dem Urteil ergeben (zuletzt OLG Bamberg DAR 2014, 277 = VA 2014, 83 = VRR 2014, 271 = zfs 2014, 411; OLG Hamm VA 2011, 34).
Diese Gelbphase reicht normalerweise aus, um unter normalen Fahrbahnbedingungen bei Aufleuchten des Gelblichts rechtszeitig vor der Kreuzung anhalten oder aber die Kreuzung bei Gelblicht noch passieren zu können (OLG Jena DAR 2006, 164 = VRS 110, 38). Führt das Urteil aber etwa aus, dass die LZA eine "kurze Gelbphase" hat, kann dies für eine abweichende Ampelschaltung sprechen. Dann ist die konkrete Mitteilung der Dauer der Gelbphase unverzichtbar (OLG Jena a.a.O.). Auf nicht normale Fahrbahnbedingungen, wie z.B. Schnee, Glätte usw., muss sich der Betroffene einstellen, indem er seine Geschwindigkeit so wählt, dass er während der Gelbphase sein Fahrzeug noch vor der Haltelinie anhalten kann (Löhle/Beck DAR 2000, 1, 6; OLG Oldenburg VA 2008, 154 = VRR 2008, 354 = NZV 2008, 471 für Gefahrguttransporter).
Hinweis:
Nach der VwV-StVO zu § 37 StVO muss bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h die Gelbphase vier Sekunden, bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h fünf Sekunden betragen. Bei einer zulässigen Geschwindigkeit von mehr als 70 km/h sollen LZA nicht eingerichtet werden. Der Kraftfahrer darf sich auf diese Zeiten einstellen (OLG Bremen VRS 79, 38). Hat der Verteidiger Zweifel, ob diese Vorgaben eingehalten sind, muss er bei den zuständigen Verwal...