Arbeitslosengeld: Kein Ruhen des Anspruchs bei Zahlung einer Abfindung nach § 1a KSchG
Durch sein Urteil vom 8.12.2016 (B 11 AL 5/15 R) hatte das BSG zu entscheiden, ob bzw. inwieweit ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Zahlung einer Abfindung nach § 1a KSchG ruht. Dies könnte in Betracht kommen, wenn es sich hierbei um eine Entlassungsentschädigung i.S.v. § 158 Abs. 1 S. 1 SGB III handelt (die Entscheidung des BSG ist ergangen zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 143a Abs. 1 S. 1 SGB III a.F.). Hiernach gilt: Haben Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Der Kläger war bei den amerikanischen Streitkräften in Mannheim beschäftigt. Wegen der Schließung des Standorts in Mannheim kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich aus betriebsbedingten Gründen und bot eine Abfindung nach § 1a Abs. 2 KSchG i.H.v. 46.072 EUR an, wenn auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet wird.
Der Kläger meldete sich dann zum 1.10.2011 arbeitslos, erhielt von der Beklagten aber erst Arbeitslosengeld ab dem 24.1.2012. Für die Zwischenzeit stellte die Beklagte ein Ruhen des Anspruchs wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung fest.
Das BSG entschied, der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG sei keine Entlassungsentschädigung i.S.d. § 158 Abs. 1 S. 1 SGB III. Eine solche im Sinne der Ruhensregelung liegt nur vor, wenn zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Gewährung der Leistung ein ursächlicher Zusammenhang besteht, was gesetzlich – unwiderleglich – vermutet wird. Für die Abfindung nach § 1a KSchG besteht eine solche gesetzliche Vermutung nicht. Zwar spricht für die Einordnung der Zahlung als Entlassungsentschädigung, dass die Leistung im KSchG als "Abfindungsanspruch" bezeichnet wird und in zeitlichem Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlt wird. Gegen den Kausalzusammenhang spricht, dass der Anspruch – aufgrund gesetzlicher Vorgabe und ohne Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsvertragsparteien – erst zu einem Zeitpunkt entsteht, in dem die Kündigung rechtswirksam geworden ist (§§ 4 S. 1, 7 KSchG) und das Arbeitsverhältnis zudem beendet ist. Diese Abfindung enthält deshalb keine Anteile an Arbeitsentgelt, sondern wird geleistet, wenn und sobald der gekündigte Arbeitnehmer auf ein arbeitsgerichtliches Verfahren verzichtet. Bei dieser Gestaltung hat der Arbeitgeber keinen Anlass, noch Entgelt zu zahlen. Schließlich verweist das BSG auf den Zweck des § 1a KSchG, einen Streit um die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu vermeiden und dadurch die Gerichte zu entlasten. Es wäre widersprüchlich, ein entsprechendes gesetzliches Instrument zu schaffen, das eine Zahlung ohne Rechtsstreit ermöglicht, die zu vermeidende gerichtliche Prüfung der Kündigung und die Zahlung dann aber im Zusammenhang mit der Prüfung des § 158 SGB III vor den Sozialgerichten nachzuholen.