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Gesetzliche Grundlage:
Zitat
§ 55 BRAO: Bestellung eines Abwicklers der Kanzlei
(1) |
Ist ein Rechtsanwalt gestorben, so kann die Rechtsanwaltskammer einen Rechtsanwalt oder eine andere Person, welche die Befähigung zum Richteramt erlangt hat, zum Abwickler der Kanzlei bestellen. Für weitere Kanzleien kann derselbe oder ein anderer Abwickler bestellt werden. § 7 gilt entsprechend. Der Abwickler ist in der Regel nicht länger als für die Dauer eines Jahres zu bestellen. Auf Antrag des Abwicklers ist die Bestellung, höchstens jeweils um ein Jahr, zu verlängern, wenn er glaubhaft macht, dass schwebende Angelegenheiten noch nicht zu Ende geführt werden konnten. |
(2) |
Dem Abwickler obliegt es, die schwebenden Angelegenheiten abzuwickeln. Er führt die laufenden Aufträge fort; innerhalb der ersten sechs Monate ist er auch berechtigt, neue Aufträge anzunehmen. Ihm stehen die anwaltlichen Befugnisse zu, die der verstorbene Rechtsanwalt hatte. Der Abwickler gilt für die schwebenden Angelegenheiten als von der Partei bevollmächtigt, sofern diese nicht für die Wahrnehmung ihrer Rechte in anderer Weise gesorgt hat. |
(3) |
§ 53 Abs. 5 S. 3, Abs. 9 und 10 gilt entsprechend. Der Abwickler ist berechtigt, jedoch außer im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nicht verpflichtet, Kostenforderungen des verstorbenen Rechtsanwalts im eigenen Namen für Rechnung der Erben geltend zu machen. |
(4) |
Die Bestellung kann widerrufen werden. |
(5) |
Abwickler können auch für die Kanzlei und weitere Kanzleien eines früheren Rechtsanwalts bestellt werden, dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist. |
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§ 53 BRAO: Bestellung eines Vertreters |
(1) |
bis (8) (...) |
(9) |
Der Vertreter wird in eigener Verantwortung, jedoch im Interesse, für Rechnung und auf Kosten des Vertretenen tätig. Die §§ 666, 667 und 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend. |
(10) |
Der von Amts wegen bestellte Vertreter ist berechtigt, die Kanzleiräume zu betreten und die zur Kanzlei gehörenden Gegenstände einschließlich des der anwaltlichen Verwahrung unterliegenden Treugutes in Besitz zu nehmen, herauszuverlangen und hierüber zu verfügen. An Weisungen des Vertretenen ist er nicht gebunden. Der Vertretene darf die Tätigkeit des Vertreters nicht beeinträchtigen. Er hat dem von Amts wegen bestellten Vertreter eine angemessene Vergütung zu zahlen, für die Sicherheit zu leisten ist, wenn die Umstände es erfordern. Können sich die Beteiligten über die Höhe der Vergütung oder über die Sicherheit nicht einigen oder wird die geschuldete Sicherheit nicht geleistet, setzt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer auf Antrag des Vertretenen oder des Vertreters die Vergütung fest. Der Vertreter ist befugt, Vorschüsse auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung zu entnehmen. Für die festgesetzte Vergütung haftet die Rechtsanwaltskammer wie ein Bürge. |
Die Bestellung eines Abwicklers erfolgt
- zum Schutz des Mandanten,
- zur Wahrung einer funktionierenden Rechtspflege,
- zur Wahrung des Ansehens der Anwaltschaft.
Tätigkeit
Der Abwickler wird in eigener Verantwortung, jedoch im Interesse, für Rechnung und auf Kosten des Ausgeschiedenen tätig (§ 55 Abs. 3, § 53 Abs. 9 BRAO). Die Tätigkeit erstreckt sich nicht auf das Vermögen des Ausgeschiedenen; insbesondere tritt der Abwickler nicht in die Vertragsverhältnisse des Ausgeschiedenen ein. Bezüglich der Vergütung wird auf § 53 Abs. 10 BRAO verwiesen.
In entsprechender Anwendung der §§ 666, 667 und 670 BGB ist der Abwickler auskunfts-, rechnungs- und herausgabepflichtig; andererseits hat er einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nur gegen den Ausgeschiedenen bzw. die Erben. Eine eventuelle Bürgenhaftung der Rechtsanwaltskammer bezieht sich nur auf eine festgesetzte Vergütung, nicht auf Auslagen (§ 53 Abs. 9, 10 BRAO).
I. Bestandsaufnahme
Betreten der Kanzlei
Der Abwickler ist berechtigt, die Kanzleiräume zu betreten und die zur Kanzlei gehörenden Gegenstände einschließlich des der anwaltlichen Verwahrung unterliegenden Treuguts in Besitz zu nehmen, herauszuverlangen und hierüber zu verfügen (§ 55 Abs. 2 BRAO).
Der Abwickler ist an Weisungen des Ausgeschiedenen (Erben) nicht gebunden; dieser darf die Tätigkeit des Abwicklers nicht beeinträchtigen.
a) |
Das Betreten der Kanzleiräume ist gegebenenfalls durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 945 ZPO) zu erzwingen. Keine Selbsthilfe. |
b) |
Soweit erforderlich, hat der Abwickler Sicherungsmaßnahmen (z.B. Auswechslung der Schlösser) vorzunehmen. |
II. Geld- und Postverkehr, beA
1. Sichtung der Buchhaltung zur Feststellung der Bankverbindungen und des Geldverkehrs
Aufgrund von Geschäftsbedingungen der Banken kann der Abwickler Verfügungsbevollmächtigter über die Anderkonten des früheren Rechtsanwalts werden. In der Praxis räumen die Banken dem Abwickler keine Verfügungsbefugnis über das Geschäftskonto ein. Hier ist im Einzelfall die Vollmacht des Ausgeschiedenen bzw. der Erben einzuholen. Sollten auf einem Geschäftskonto Fremdgelder eingehen, ist die Bank, wenn sie der Verfügungsbefugnis nicht zustimmt, darüber zu informieren, dass diese unverzüglich auszuzahlen sind; gegebenenfalls ist sie „bösgläubig“ zu machen. D...