§ 940a Abs. 2 ZPO ermöglicht eine vereinfachte Erstreckung der Vollstreckbarkeit des gegen den Mieter ergangenen Räumungstitels auf besitzende Dritte. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen (Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund) ist eine Abwägung der beiderseitigen Interessen – anders als bei normalen einstweiligen Verfügungen – entbehrlich.
a) Anwendbarkeit nur auf Wohnraummietverhältnisse
Es muss ein Wohnraummietverhältnis vorliegen, bei Mischmietverhältnissen kommt es nach allgemeinen Grundsätzen auf den Schwerpunkt des Vertragszwecks an (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rn 107 ff.). Nach vorzugswürdiger und wohl h.M. ist § 940a Abs. 2 ZPO bei Vorliegen eines Gewerbemietverhältnisses weder direkt noch analog anwendbar. Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut von § 940a Abs. 2 ZPO und dessen Überschrift "Räumung von Wohnraum" (KG Berlin, Beschl. v. 5.9.2013 – 8 W 64/13, NJW 2013, 3588; OLG Celle, Beschl. v. 24.11.2014 – 2 W 237/14, NJW 2015, 711; Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 940a ZPO Rn 7; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 940a ZPO Rn 4m.w.N. auch zur Gegenauffassung).
b) Vorliegen eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrunds
Da auch die Räumungsregelungsverfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO eine einstweilige Verfügung darstellt, muss ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund gegeben sein, mithin müssen die Voraussetzungen von § 940 ZPO inzident mit geprüft werden (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 940a ZPO Rn 16 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Anders als bei normalen einstweiligen Verfügungen gilt bei § 940a Abs. 2 ZPO hingegen, dass bei Vorliegen von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund die Räumungsverfügung zu erlassen ist und dem Tatrichter kein Ermessensspielraum zusteht (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 940a ZPO Rn 16 u. 51).
c) Verfügungsanspruch
Der Verfügungsanspruch ist der materielle Anspruch, dessen Durchsetzung durch einstweilige Verfügung gesichert werden soll. In der Praxis sind dies regelmäßig die Ansprüche auf Räumung und Herausgabe aus § 546 Abs. 2 BGB, aber auch §§ 985, 812 BGB (Wendt, Die einstweilige Räumungsverfügung des § 940a Abs. 2 ZPO, 2015, S. 106). Auch wenn den Dritten inhaltlich nicht dieselben Rückgabepflichten wie den Mieter treffen, hat er jedenfalls die Wohnung zu räumen. Nach richtiger Auffassung gilt § 940a Abs. 2 ZPO auch für den Herausgabeanspruch aus §§ 985, 986 BGB, da die Herausgabe (= Aufgabe jeglichen Besitzes) als Minus gegenüber der Räumung (zusätzlich: Entfernung von Gegenständen und Einrichtungen) anzusehen ist (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 940a ZPO Rn 19).
d) Verfügungsgrund
Das Tatbestandserfordernis der Unkenntnis des Vermieters von der Inbesitznahme der Wohnung durch den Dritten bzw. der Kenntnis hiervon erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung des Räumungsrechtsstreits gegen den Hauptmieter, beinhaltet bereits den erforderlichen Verfügungsgrund, der vermieterseits glaubhaft zu machen ist. Einer zusätzlichen Glaubhaftmachung eines wesentlichen Nachteils des Vermieters, wie es bei einer Regelungsverfügung nach § 940 ZPO regelmäßig erforderlich ist, bedarf es gerade nicht, da ein "anderer Grund" i.S.v. § 940 Alt. 3 ZPO vorliegt (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 940a ZPO Rn 20).
Dem gesetzgeberischen Willen, das einstweilige Verfügungsverfahren nach § 940a Abs. 2 ZPO "anstelle eines zeitaufwendigen Hauptsacheverfahrens" treten zu lassen (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks 17/10485, S. 34) kann nur dadurch Rechnung getragen werden, dass der Vermieter nicht noch zusätzlich glaubhaft machen muss, dass sein Vermögensnachteil durch die Vorenthaltung der Wohnung stärker wiegt als der Besitzentzug der Wohnung durch den Dritten. § 940a Abs. 2 ZPO stellt daher eine spezialgesetzlich geregelte Leistungsverfügung dar, die faktisch auf eine endgültige Regelung bzw. Befriedigung des Vermieters abzielt und somit ausnahmsweise eine (faktische) Vorwegnahme der Hauptsache ausdrücklich zulässt (in diesem Sinne auch Müko-ZPO/Drescher, a.a.O., § 940a ZPO Rn 2; Fleindl, ZMR 2013, 679; a.A. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 940a ZPO Rn 6).
Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 940a Abs. 2 ZPO stellen danach typisierte Bedingungen für den Verfügungsgrund dar, deren Vorliegen eine weitere Abwägung der beiderseitigen Interessen wie in § 940 ZPO entbehrlich macht und zwar unabhängig davon, wann der Vermieter Kenntnis von den Voraussetzungen hatte (OLG Dresden, Urt. v. 29.11.2017 – 5 U 1337/17, MDR 2018, 204; LG Mönchengladbach, Beschl. v. 10.12.2013 – NZM 2014, 132; a.A. LG Berlin, Beschl. v. 27.10.2014 – 65 T 220/14, GE 2015, 597).
e) Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen:
Es muss ein rechtskräftiger Räumungstitel gegen den oder die Mieter der Wohnung vorliegen und zumindest Mitbesitz eines Dritten an ebendieser Wohnung, von welchem der Vermieter keine Kenntnis hat bzw. erst nach dem Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 940a ZPO Rn 21 m.w.N.). Dritter ist nach den oben dargelegten Umständen jeder, der nicht im Räumungstitel genannt ist, wie z.B. der Ehegatte, der Lebensgefährte, Familienangehörige oder der Untermieter (vgl. bereits oben). Wenn mehrere Mieter ...