Anders als im Grundfall vergisst Vermieter A seinem anwaltlichen Vertreter vor Erhebung der Räumungsklage mitzuteilen, dass neben dem verklagten Mieter B auch der volljährige Untermieter C in der Wohnung wohnt, wozu der Vermieter A auch vor ca. einem Jahr seine Erlaubnis erteilt hatte. Der Mieter B teilt diese Information seinem anwaltlichen Vertreter erst nach Rechtskraft des ergangenen und erfolgreichen Räumungsurteils gegen den Mieter B mit.
Frage: Wie sollte sich der Prozessbevollmächtigte des Vermieters A optimalerweise verhalten?
a) Rechtliche Vorbetrachtungen
Der ergangene Räumungstitel gegen den Mieter B ist wirkungslos gegenüber dem Untermieter C, insb. kommt eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO nicht in Betracht, weil gegen den besitzenden Untermieter C ein eigener Vollstreckungstitel erforderlich ist (siehe oben).
Eine einstweilige Räumungsverfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO kann der Vermieter nicht gegen den Untermieter C erwirken, weil er vor dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Räumungsrechtsstreits mit dem Hauptmieter B bereits Kenntnis davon hatte, dass auch der Untermieter im Besitz der Mietsache war (vgl. zu § 940a ZPO eingehender unten).
Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des BGH gilt (BGH, Urt. v. 21.4.2010 – VIII ZR 6/09, NJW 2010, 2208), dass die Rechtskraft des im Räumungsrechtsstreit gegen den Hauptmieter B ergangenen Urteils nach §§ 322, 325 ZPO grds. nicht zugunsten und zulasten des Untermieters C gilt, sodass Letzterer in einem weiteren isolierten Räumungsrechtsstreit wiederum eine Beendigung des Hauptmietverhältnisses bestreiten kann, da auch keine materiell rechtliche Abhängigkeit anderer Art besteht (BGH, a.a.O.; Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 546 BGB Rn 99; a.A. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 325 ZPO Rn 38, der wegen § 546 Abs. 2 BGB eine materiell-rechtliche Abhängigkeit des Untermieters vom Mieter postuliert und im Ergebnis zu einer Rechtskrafterstreckung kommt).
Praxistipp:
Als Folge unterliegt die erneute Räumungsklage des Vermieters A gegen den Untermieter C den gleichen Anforderungen hinsichtlich Substantiierung, Schlüssigkeit und ggf. Beweisantritt wie die bereits rechtskräftig abgeschlossene Räumungsklage gegen den Hauptmieter B. Ein schlichter Verweis auf das ergangene Räumungsurteil gegen den Hauptmieter B ist also nicht ausreichend, vielmehr muss schlüssig erneut dargelegt werden, warum der Hauptmietvertrag wirksam beendet wurde, sodass die Anspruchsvoraussetzungen des § 546 Abs. 2 BGB gegeben sind. Sachgerecht dürfte es aber sein, jedenfalls auf das ergangene Urteil gegenüber dem Mieter B zusätzlich hinzuweisen und dieses als Anlage der neuen Klage beizufügen.
b) Lösung der Variante I
Der Prozessbevollmächtigte des Vermieters A muss eine erneute, schlüssig begründete Räumungsklage gegenüber dem Untermieter C erheben. Sofern es sich beispielsweise um eine Räumung wegen Eigenbedarfs handelt, ist die Folge, dass ggf. auch eine umfassende Beweiswürdigung nochmals durchgeführt werden muss. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Vermieter vor Klageerhebung gegenüber dem Untermieter durch einseitige und formlose Rückforderungserklärung die Herausgabe verlangen muss, da anderenfalls der Untermieter durch sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO eine Kostentragung des Vermieters bewirken kann (s.o.).
Alternativ kann der Prozessbevollmächtigte des Vermieters A versuchen, über den rechtskräftig festgestellten Räumungsanspruch gegen den Hauptmieter aus § 546 Abs. 1 BGB von diesem die Besitzübertragung an der vermieteten Wohnung vom Untermieter C direkt an den Vermieter A zu verlangen, da der Vermieter A gegen den Mieter B aus § 546 Abs. 1 BGB auch das Recht erworben hat, dass dieser durch Inanspruchnahme des Untermieters C dafür sorgt, dass der Vermieter A jeglichen Besitz an der Wohnung wiedererhält und frei über diese verfügen kann. Hierfür ist es insb. nicht erforderlich, dass der Hauptmieter B einen eigenen Räumungsanspruch gegen den Untermieter C hat, der Hauptmieter B kann ggf. vom Vermieter A fordern, dass dessen Anspruch gegen den Untermieter C nach § 546 Abs. 2 BGB abgetreten wird.
Praxistipp:
Der Vermieter kann von seinem Hauptmieter Auskunft darüber verlangen, welchen Dritten er die Mietsache überlassen hat, wobei dies aus einer Nebenpflicht aus dem Mietvertrag folgt, §§ 535, 241 Abs. 2 BGB. Diesen Auskunftsanspruch kann der Vermieter auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen (LG Kiel, Urt. v. 8.3.2010 – 18 O 233/09, ZMR 2010, 532; Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 546 BGB Rn 99 und § 940a ZPO Rn 28).
Fazit: In aller Regel wird eine erneute Räumungsklage gegen den Untermieter C das Mittel der Wahl sein, da die angesprochene alternative Lösungsmöglichkeit praktisch keine hohe Erfolgsaussicht haben dürfte und gerichtlich schwer durchzusetzen ist.