Da Mietverträge oft langfristig laufen, stellt sich die Frage, ob sich der Inhalt der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters entsprechend dem jeweils geltenden technischen Fortschritt wandelt, wobei hierbei zwei Gesichtspunkte zu betrachten sind: Zum einen stellt sich die Frage, ob der Vermieter aktiv werden muss, um die Ausstattung der Mietsache an neue technische Standards anzupassen und zum anderen, ob er Änderungen des Mietgebrauch durch den Mieter dulden muss.
Im Regelfall wird der Mieter einen Anspruch auf Duldung der Erweiterung seines mietvertraglichen Gebrauchs gegen seinen Vermieter haben, da es anerkannt ist, dass technische Neuerungen zu einer Ausweitung des vertragsgemäßen Gebrauchs führen können (BayObLG, Rechtsentscheid vom 19.1.1981 – Allg. Reg. 103/80, NJW 1981, 1275; Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 535 BGB Rn 115 m.w.N.). Allgemein muss der Vermieter entsprechend der gewandelten Verkehrsanschauung einen jeweils zeitgemäßen Mietgebrauch gewähren und damit dulden, sofern dieser nicht Rechte und Pflichten anderer Nutzer des Gebäudes mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt und/oder die Mietsache keinen Schaden nimmt noch sonst übermäßig abgenutzt wird (Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 535 BGB Rn 81 und 115).
Auf der anderen Seite besteht grds. nur ein Recht des Vermieters zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen aber keine korrespondierende Verpflichtung gegenüber dem Mieter, welche Letztere ggf. gerichtlich einfordern könnte (BGH, Urt. v. 5.6.2013 – VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417). Das ergibt sich sowohl für die Wohnraum- als auch für die Geschäftsraummiete ohne Weiteres aus der gesetzlichen Regelung in §§ 555b, 555d Abs. 1, 578 Abs. 2 BGB. Zeitlich ist für die Einhaltung technischer Normen und Vorschriften (z.B. der DIN-Normen) grds. auf die Errichtung des betreffenden Gebäudes abzustellen, sodass ein Mieter eines in den 1950er Jahren gebauten Hauses grundsätzliche keine Modernisierung der Aufputz verlegten Elektroleitungen verlangen kann, auch wenn die Elektroinstallation im Jahr 2021 nach den geltenden Bauvorschriften Unterputz zu erfolgen hat. Allerdings kann der Mieter eines nicht modernisierten Altbaus im Zweifel jedenfalls einen baulichen Mindeststandard erwarten, der ein zeitgemäßes Wohnen und damit eine Lebensweise ermögliche, die seit Jahrzehnten und allgemeinen Lebensstandard entspricht (BGH, Urt. v. 26.7.2004 – VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174; BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934). § 555a Abs. 1 BGB stellt dabei sicher, dass der Mieter Einwirkungen auf die Mietsache zu dulden hat, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind, wozu auch und insb. der erforderliche Zutritt zur grundgesetzlich gesicherten Unverletzlichkeit der Wohnung des Mieters zählt, Art. 13 GG (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rn 59).
Praxishinweis:
Nach der Entscheidung des BGH vom 21.8.2018 (VIII ZR 188/16, NZM 2018, 900) ist der Vermieter ohne anderslautende vertragliche Vereinbarung nicht zur Reinigung der Mietflächen verpflichtet, was auch bei großen und nicht zu öffnenden, fußbodentiefen Fenstern einer hochpreisigen Loftwohnung gilt, da der Vermieter grds. nicht zur Reinigung von Bauteilen der Mietsache verpflichtet sei (kritisch dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rn 63).