§ 536c Abs. 1 BGB statuiert eine Pflicht des Mieters, während der Mietzeit auftretende Mängel dem Vermieter unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) anzuzeigen. Verstößt der Mieter gegen seine Pflicht zur Mängelanzeige, so ist er dem Vermieter gem. § 536c Abs. 2 S. 1 BGB zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Nach § 536c Abs. 2 S. 2 Nrn. 1-3 BGB verliert der Mieter auch ein Minderungsrecht aus § 536 BGB (Nr. 1), sein Recht auf Schadensersatz wegen des Mangels aus § 536a Abs. 1 BGB (Nr. 2) und seine Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abhilfefrist (Nr. 3).
a) Beginn der Anzeigepflicht
Die Anzeigepflicht des Mieters entsteht, sobald im Laufe des Mietverhältnisses ein Mangel auftritt, eine Maßnahme zum Schutz der Mietsache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich wird oder sich eine dritte Person Rechte an der Mietsache anmaßt. Der Mangelbegriff ist bei § 536c BGB weiter als in §§ 536, 536a BGB und umfasst jeden schlechten Zustand der Mietsache, ohne Rücksicht darauf, ob der vertragsgemäße Gebrauch mehr als unerheblich beeinträchtigt ist (BGH, Urt. v. 4.4.1977 – VIII ZR 143/75, NJW 1977, 1236; BeckOK Mietrecht/Schüller, 22. Edition Stand 1.11.2020, § 536c BGB Rn 2). Zeitlich beginn die Anzeigepflicht mit Überlassung der Mietsache und dauert bis zur Räumung und Herausgabe fort und kann daher auch nach beendetem Mietvertrag weitergelten (BGH, Urt. v. 14.6.1967 – VIII ZR 268/64, NJW 1967, 1803). Auch wenn sich ein einmal angezeigter Mangel verschlechtert, muss der Mieter diese Verschlechterung nicht erneut anzeigen (BGH, Beschl. v. 18.3.2014 – VIII ZR 317/13, BeckRS 2014, 6953). Räumlich ist die Anzeigepflicht nicht nur auf die Mietsache beschränkt und umfasst auch sonstige Flächen, auf die sich der vertragsgemäße Gebrauch des Mieters erstreckt (BeckOK Mietrecht/Schüller, a.a.O., § 536c BGB Rn 2).
Praxishinweis:
In der Wohnraummiete sind solche Flächen klassischerweise das Treppenhaus, nicht ausdrücklich mit vermietete Keller- oder Speicherräume, Innenhöfe oder Dachterrassen.
b) Erkennbarkeit des Mangels für den Mieter
Der Mangel muss für den Mieter schließlich erkennbar sein, was auch dann gegeben ist, wenn der Mieter einen solchen infolge grober Fahrlässigkeit (vgl. § 276 Abs. 2 BGB) übersehen hat (BGH, Urt. v. 4.4.1977 – VIII ZR 143/75, NJW 1977, 1236; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536c BGB Rn 10). Von einer groben Fahrlässigkeit ist auszugehen, wenn der Mieter das für jedermann Naheliegende nicht zur Kenntnis genommen hat (BGH, a.a.O). Auf der anderen Seite trifft den Mieter auch keine Nachforschungspflicht hinsichtlich verborgener Mängel der Mietsache (BGH, a.a.O.).
c) Inhaltliche Anforderungen an die Mängelanzeige
Inhaltlich muss die Mängelanzeige schlagwortartig beschreiben, welcher Mangel vorliegt, sodass dem Vermieter eine grundsätzliche Vorstellung der Mängel vermittelt wird (LG Berlin, Urt. v. 14.2.2006 – 64 S 362/05, GE 2006, 1173). Die Anzeige bedarf keiner besonderen Form und ist daher auch mündlich möglich. Durch Formularvertrag kann zumindest bei der Wohnraummiete hiervon nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden, sodass insb. eine AGB-mäßig vereinbarte Schriftform unwirksam ist (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536c BGB Rn 23 m.w.N.). Zeitlich muss der Mieter die Mängelanzeige unverzüglich durchführen, wobei eine schnellere Anzeige erfolgen muss, je ernster der Mangel ist.
d) Kenntnis des Vermieters
Die Anzeigepflicht des Mieters entfällt, wenn der Vermieter den Mangel kennt, wobei es unerheblich ist, ob die Kenntnis auf eigener Anschauung beruht oder durch einen Dritten vermittelt wird (BGH, Beschl. v. 18.3.2014 – VIII ZR 317/13, WuM 2014, 278). Gleiches gilt, wenn der Mangel für den Vermieter offensichtlich war, nicht dagegen, wenn der Vermieter den Mangel nur leicht fahrlässig nicht erkannt hat (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536c BGB Rn 26 m.w.N.).
Praxishinweise:
In der Praxis von besonderem Interesse ist die Kenntnis des Hausmeisters oder der Hausverwaltung in Bezug auf Mängel, die der Mieter diesen zur Kenntnis gebracht hat. I.d.R. werden diese Personen Erfüllungsgehilfen des Vermieters sein, sodass er sich deren Kenntnis gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn es sich um eine Wohnungseigentumsgemeinschaft handelt und der Hausmeister von dieser beauftragt wurde, da es dann an der erforderlichen Sonderbeziehung zwischen Vermieter und Hausmeister fehlt. In diesen Fällen ist dann das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht bzw. einer konkludent erteilten Außenvollmacht zu denken.