Wenn die Mietsache einen Mangel aufweist, kann der Mieter verschiedene Rechte gegenüber dem Vermieter geltend machen. Neben einem Rückforderungsanspruch wegen zu viel gezahlter Miete kommen dabei Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche, Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte sowie die Kündigung des Mietverhältnisses in Betracht.
a) Minderung kraft Gesetzes und Rückforderungsanspruch
Bei Vorliegen eines Mangels der Mietsache, der den mietvertraglichen Gebrauch mehr als unerheblich beeinträchtigt, verringert sich kraft Gesetzes der zu bezahlende Mietzins für den relevanten Zeitraum und zwar um denjenigen Prozentsatz der Bruttomiete, der angesichts der Ausmaße des Mangels und in richterliche Würdigung der damit einhergehenden Gebrauchsbeeinträchtigungen, angemessen ist. Die Minderung bedarf daher keiner besonderen Erklärung des Mieters oder eines sonstigen Gestaltungsaktes (BGH, Urt. v. 27.2.1991 – XII ZR 47/90, NJW-RR 1991, 779; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 343). Eine Verjährung des Minderungsrechts ist deshalb ebenso ausgeschlossen wie ein Schuldnerverzug des Mieters mit dem angemessen geminderten Mietzins (OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.1993 – 10 U 3/93, NJW-RR 1994, 399).
Da der Mieter nur eine angemessen herabgesetzte Miete für den Zeitraum der Gebrauchsbeeinträchtigung schuldet, kann er grds. einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, bzw. aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB, sofern der Mangel erst nach Zahlung eintritt, geltend machen (Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 536 BGB Rn 33). Nach neuester Rechtsprechung des BGH (Hinweisbeschl. v. 4.9.2018 – VIII ZR 100/18, NZM 2018, 1018 Rn 17 ff.) steht dem Rückforderungsanspruch des Mieters § 814 BGB noch nicht bei Zahlung der vollen Miete trotz Kenntnis des Mangels, sondern erst dann entgegen, wenn der Mieter nach einer vorzunehmenden Parallelwertung in der Laiensphäre wusste, dass er aufgrund eines Mangels nur zu einer herabgesetzten Mietzahlung verpflichtet war (BGH, a.a.O.).
Hat der Mieter jedoch unter Vorbehalt der teilweisen Rückforderung die gesamte Miete bezahlt, steht § 814 BGB einem Rückforderungsanspruch von vornherein nicht entgegen (BGH, Urt. v. 16.7.2003 – VIII ZR 274/02, NJW 2003, 2601). Der Rückforderungsanspruch unterliegt allerdings der allgemeinen dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 345).
Praxishinweise:
In der erstinstanzlichen Praxis ist das Problem eines erklärten Vorbehaltes ein Dauerbrenner, weil nicht selten Mieter ohne Erklärung jeglicher Art trotz Vorliegens von Mängeln die Miete in voller Höhe bezahlen. An einen Vorbehalt der Rückforderung sind nur geringe Anforderungen zu stellen: So reicht es regelmäßig aus, wenn der Mieter z.B. auf dem Überweisungsformular im Verwendungszweck vermerkt „Vorbehalt der Rückforderung wegen Mängel”, um die Anwendbarkeit von § 814 BGB auszuschließen. Auch die mündliche Erklärung eines Vorbehaltes reicht aus, allerdings ist aus Gründen der besseren Beweisbarkeit Textform anzuraten.
b) Berechnung der Minderung
Die Mieter wird grds. taggenau für die Zeitspanne gemindert, in der die Gebrauchstauglichkeit aufgehoben oder eingeschränkt ist, wobei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung von der Bruttomiete als rechnerischer Berechnungsgrundlage auszugehen ist und zwar unabhängig davon, ob eine Pauschale oder Vorauszahlungen für die Nebenkosten vereinbart wurde (BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 347/04, NJW 2005, 2773 für die Wohnraummiete und BGH, Urt. v. 6.4.2005 – XII ZR 225/03, NJW 2005, 1713 für die Geschäftsraummiete). Auch wenn beim Fälligkeitszeitpunkt oft noch nicht feststeht, ob der Mangel den gesamten Monat unverändert fortbestehen wird, ist die Zahlungspflicht auf der Basis der bei Fälligkeit bestehenden Gebrauchsbeeinträchtigung reduziert, weil § 556b Abs. 1 BGB nach h.M. keine Vorleistungspflicht des Mieters sondern nur eine Vorverlegung des Fälligkeitszeitpunktes begründet, sodass am 3. Werktag nur die Miete fällig wird, die der zu diesem Zeitpunkt mangelfrei erbrachten Vermieterleistung entspricht (Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 536 BGB Rn 35 und Müko-BGB/Artz, a.a.O., § 556b BGB Rn 10 m.w.N.).
Praxishinweise:
In der anwaltlichen Beratung ist zu beachten, dass die richterliche Bestimmung einer konkreten und angemessenen Minderungsquote (10 %, 15 % oder 20 %) der tatrichterlichen Würdigung unterliegt, die bei ordnungsgemäßer Begründung nur sehr eingeschränkt durch Rechtsmittel angefochten werden kann, § 286 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, 33. Aufl. 2020, § 286 ZPO Rn 2 ff.). Zudem ist zu beachten, dass aufgrund der Heranziehung der Bruttomiete als richtige Berechnungsgrundlage für die Höhe der Minderung diese bei der Abrechnung über die Nebenkosten entsprechend zu berücksichtigen ist und zwar auch hinsichtlich verbrauchsabhängiger Komponenten (strittig, wie hier Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 536 BGB Rn 36 m.w.N.). Da es in der Praxis nicht selten um Minderungszeiträume von mehr als einen Nebenkostenabrechnungszeitraum geht, sollte daher zur Vermeidung weiterer Streitigkeite...