Die Regelungen zum Verbraucherinsolvenzverfahren sind seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung wiederholt geändert worden (näher dazu Ahrens, Das neue Privatinsolvenzrecht, 2014, S. 6–40). Besonderer Erwähnung bedarf in diesem Zusammenhang das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl I, S. 2379), in Kraft getreten am 1.7.2014. Als spektakuläre Neuerung nennt Henning (ZAP F. 14, S. 672) die Verkürzung der Laufzeit der Abtretungserklärung auf drei Jahre. Allerdings wird diese nur gewährt, wenn 35 % der Verbindlichkeiten zuzüglich Kosten des Verfahrens vom Schuldner bis zum Ablauf dieser drei Jahre aufgebracht werden. Auch ist das zu durchlaufende Verfahren noch mit zahlreichen Unsicherheiten belastet und die tatsächlich zu erbringende Brutto-Quote wird wohl meist über 50 % liegen (vgl. Leipold ZInsO 2013, 2052). In Konkurrenz zu dieser Änderung dürfte daher die geschaffene Möglichkeit treten, auch in der Verbraucherinsolvenz einen Insolvenzplan gem. §§ 217 ff. InsO vorzulegen. Davon haben zahlreiche Schuldner seit Inkrafttreten des Gesetzes bereits Gebrauch gemacht. Erfolg war vor allem Plänen mit einer Einmalzahlung beschieden. Das Gesetz sieht darüber hinaus die Streichung des § 114 InsO, die Einführung einer Erwerbsobliegenheit des Schuldners im eröffneten Insolvenzverfahren (§ 287a InsO), Änderungen zur Restschuldbefreiung (§§ 290, 297a InsO), die Kodifizierung des asymmetrischen Verfahrens (§ 300a InsO), die Aufhebung der §§ 312–314 InsO und die Abschaffung des Treuhänders im Verbraucherinsolvenzverfahren sowie die Ergänzung des § 302 InsO vor, nach der Steuerforderungen, für die der Schuldner rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, nicht mehr von der Restschuldbefreiung erfasst werden (zum Ganzen s. Henning ZAP F. 14, S. 671 ff.). Pape (ZInsO 2016, 125, 126) bemängelt 1 ½ Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, dass von den ursprünglich einfach zu handhabenden Verfahrensabläufen wenig übrig geblieben und eine klare Struktur des Verfahrens nicht mehr zu erkennen sei. So sei ungeklärt, ob und in welchem Umfange bei der Anfangsentscheidung nach § 287a InsO zweifelsfreie Versagungsgründe zu berücksichtigen sind. Verunsicherung herrsche auch bezüglich der Frage, ob aufgrund der jederzeit zulässigen Versagungsanträge während des Verfahrens schon vor dem Schlusstermin entschieden werden kann. Dies gelte gleichermaßen hinsichtlich der Frage, wie zu entscheiden sei, wenn es zwar keine Anmeldungen im Insolvenzverfahren gibt, der Schuldner jedoch die Kosten des Verfahrens nicht beglichen hat.
Unverändert geblieben ist auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte die – dreistufige – Grundstruktur des Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304–311 InsO). Insolvente Schuldner, die dem Anwendungsbereich des § 304 InsO unterliegen, müssen zunächst eine außergerichtliche Einigung mit ihren Gläubigern anstreben. Gelingt diese nicht, kann der Schuldner beim Insolvenzgericht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit dem Ziel des Zustandekommens eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsplans beantragen. Scheitert auch dieses Verfahren bzw. sieht das Gericht von dessen Durchführung ab, steht dem Schuldner auf der dritten Stufe noch der Weg über ein vereinfachtes Insolvenzverfahren in das Restschuldbefreiungsverfahren offen. Liegt der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder der Zahlungsunfähigkeit vor und sind die Kosten des Verfahrens gedeckt bzw. hat das Gericht die Kosten des Verfahrens gem. § 4a Abs. 1 S. 1 InsO gestundet, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Für das Verfahren sind die Vorschriften über die Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens maßgebend, soweit die InsO keine Besonderheiten für das Verbraucherinsolvenzverfahren regelt (Sternal in: Uhlenbruck/Hirte/Vallender, InsO, 14. Aufl., § 304 Rn 21).
1. Anwendungsbereich
Bis zum Inkrafttreten des InsOÄG am 1.12.2001 (BGBl I, S. 2710; eingehend dazu Pape ZAP F. 14, S. 409; Vallender NZI 2001, 561; ders. MDR 2002, 181) war es dem anwaltlichen Berater häufig nicht möglich, eine sichere Abgrenzung von Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren vorzunehmen. Zunächst gab der Begriff "geringfügige selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit" in § 304 InsO a.F. genügend Anlass zu Auslegungsschwierigkeiten. Darüber hinaus war in Rechtsprechung und Literatur umstritten, auf welchen Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren abzustellen sei (näher dazu Fuchs ZInsO 1999, 185, 187; ders. in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 1683 Rn 6 ff.). Aufgrund dessen bestand die Gefahr, dass dem Mandanten ein Verfahrensweg, den das Gericht unter Umständen als überflüssig oder unzureichend ansah, angeraten wurde. Die Neufassung des § 304 InsO schafft mehr Rechtsklarheit und -sicherheit. Nach dieser Bestimmung unterliegen Schuldner, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübe...