"Stirbt der Generalist aus?" – Mit dieser provokanten Frage wies der Deutsche Anwaltverein kürzlich auf eine Untersuchung des Soldan-Instituts hin, das sich mit der Altersstruktur in der deutschen Anwaltschaft befasst. Danach betrug das Durchschnittsalter aller Berufsträger im Jahr 2012 noch 47,5 Jahre, aktuell liegt es bereits bei 50 Jahren (im Schnitt 52 Jahre bei Männern, 45 Jahre bei Frauen).

Die Gründe dafür macht das Institut in den während der letzten Jahre stark rückläufigen Neuzulassungszahlen aus. In der Zukunft könnte das Durchschnittsalter noch schneller anwachsen, denn der demografische Wandel schlägt sich auch in sinkenden Studierendenzahlen nieder. Allerdings – so die Studie – wird die Entwicklung je nach Kanzleityp und Rechtsgebieten unterschiedlich verlaufen: So hat ein Vergleich der Kanzleitypen ergeben, dass Anwälte in überörtlichen Sozietäten im Schnitt jünger (Durchschnitt 46 Jahre) und in der Altersstruktur homogener sind. In generalistisch ausgeprägten Kanzleien bzw. Kanzleien mit nur einem Anwalt liegt das Durchschnittsalter dagegen bereits bei 53 Jahren. Angestellte Anwälte sind im Durchschnitt deutlich jünger (39 Jahre) als Partner (52 Jahre).

Bei einer rechtsgebietsspezifischen Betrachtung zeigt sich, dass im Erbrecht, im Steuerrecht, im Gesellschaftsrecht sowie im Bau- und Architektenrecht, aber auch im Familienrecht und im Verwaltungsrecht die durchschnittlich ältesten Kollegen tätig sind. Deutlich jünger sind im Schnitt dagegen Anwälte, die ihren Schwerpunkt im Insolvenzrecht, im Recht des Geistigen Eigentums, im Medizinrecht oder im Wirtschaftsverwaltungsrecht, aber auch im Verkehrsrecht und im Miet- und WEG-Recht haben.

Diese Entwicklung, so das Soldan-Institut, dürfte vor allem Ausdruck des die Anwaltschaft seit rund 25 Jahren stark prägenden Prozesses einer immer stärkeren fachlichen Spezialisierung und strategischen Fokussierung von Kanzleien sein: Jüngere Anwälte seien immer seltener in generalistisch ausgerichteten Kanzleien tätig, so dass die Gruppe der Generalisten immer stärker von älteren, berufserfahrenen Rechtsanwälten geprägt werde, deren Berufskarriere sich in generalistischer Tätigkeit entwickelt habe. Hier werde ein gegenläufiger Trend einsetzen, sobald diese Rechtsanwälte in großem Umfang in den Ruhestand treten. Damit werden auch der kurz- und mittelfristige Ersatzbedarf und somit die beruflichen Potenziale für Berufseinsteiger in einigen Rechtsgebieten deutlich größer als in anderen ausfallen. Besonders großer Ersatzbedarf werde im Erbrecht, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und dem Bau- und Architektenrecht bestehen. Deutlich weniger Potenzial für nachrückende Anwälte hätten dagegen die "jünger" besetzten Rechtsgebiete wie das Sozialrecht, Medizinrecht und das Geistige Eigentum sowie das Insolvenzrecht.

[Quelle: DAV]

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