Einschlägig sind hier vorrangig die vorsätzliche und fahrlässige Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB). Unter "Schädigung der Gesundheit" ist das Hervorrufen oder Steigern eines wenn auch nur vorübergehenden pathologischen Zustands unabhängig davon zu verstehen, ob der Geschädigte zuvor gesund war oder eine Vorschädigung bestand (Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 223 Rn 8). Auch die Infektion mit Krankheitserregern fällt darunter. Die Tat ist bereits mit der Infektion als solcher vollendet, ein Ausbruch der entsprechenden Krankheit ist nicht erforderlich (zum HI-Virus BGHSt 36, 1 Rn 17 = NJW 1989, 781; BGHSt 36, 262 Rn 13 = NJW 1990, 129; BGH NStZ 2009, 34; Fischer, § 223 Rn 13 f.). Auf diese Weise werden der Nachweis eines Krankheitsausbruchs und der Kausalität einer bestimmten Infektion hierfür entbehrlich. Das kann allenfalls Bedeutung für die Strafzumessung haben. Tathandlung kann das schlichte Ausatmen von infizierten Tröpfchen, das Anhusten oder Anniesen, aber auch das gezielte Anspucken sein, wobei insofern das hierbei ausgelöste Ekelgefühl für sich allein nicht genügt (BGH NStZ 2016, 27).
Bei der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB kommt die Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen in Betracht (Abs. 1 Nr. 1). Das kann bei der Infektion mit Krankheitserregern der Fall sein (Fischer, § 224 Rn 5; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 224 Rn 2c). Dieser erst im Jahr 1998 eingeführte Tatbestand spielte bei den HIV-Entscheidungen des BGH noch keine Rolle, da der damals geltende Tatbestand der Vergiftung (§ 229 StGB a.F.) die Absicht der Gesundheitsbeschädigung voraussetzte. Von Bedeutung ist vor allem die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Abs. 1 Nr. 5). Hierfür ist keine konkrete Lebensgefährdung erforderlich; ausreichend ist die generelle Eignung der Behandlung zur Gefährdung des Lebens nach den Umständen des Einzelfalls (Fischer, § 224 Rn 27). Bei der Infektion eines unwissenden Partners mit HI-Viren mittels ungeschützten Geschlechtsverkehrs hat der BGH das angenommen (BGHSt 36, 1 Rn 22 = NJW 1989, 781; BGHSt 36, 262 Rn 14 = NJW 1990, 129). Hintergrund war, dass die hierdurch bewirkte Krankheit AIDS nach dem damaligen Stand der Therapie regelmäßig einen tödlichen Verlauf genommen hat (BGHSt 36, 1 Rn 22 = NJW 1989, 781). Nach der zu COVID-19 gegenwärtig bekannten Letalitätsrate bis zu 2 % (o. I) besteht eine solche hohe Wahrscheinlichkeit eines letalen Ausgangs hier nicht. Zudem dürfte ein Teil der Letalitätsrate auf unzureichender medizinischer Versorgung (Stichwort: fehlende Intensivplätze in Krankenhäusern) beruhen, was das Vorliegen des Merkmals "mittels" fraglich macht, das nur unmittelbare Folgen erfasst (BGH NStZ 2010, 276). Jedenfalls wird angesichts dieser Umstände auch ein nur bedingter Vorsatz nicht anzunehmen sein (zur schweren Körperverletzung Deutscher StRR 4/2020, 5, 7).