Betriebsunterbrechungs- und Betriebsschließungsversicherungen in der Pandemie: Unternehmen wie gastronomische Betriebe können präventiv Betriebsunterbrechungs- oder Betriebsschließungsversicherungen abschließen. Während der Corona-Pandemie stellte sich öfters das Problem, ob und inwieweit diese Versicherungen von Gastronomen wegen der Schließung ihres Betriebes aufgrund behördlicher Verfügung in Anspruch genommen werden können. Dabei kommt es auf die einzelnen Versicherungsbedingungen an. So heißt es in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu infektionsbedingten Schließungsanordnungen, „meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger sind die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger”. In der anschließenden Auflistung fehlt Covid-19, sodass sich Versicherungen auf den Standpunkt stellen, Schließungen wegen der Corona-Pandemie seien nicht von dem Katalog umfasst. Dies wurde in zahlreichen Urteilen bestätigt (u.a. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 29.12.2020 – 2 O 4499/20; LG Aachen, Urt. v. 14.1.2020 – 9 O 173/20; LG Bayreuth, Urt. v. 15.10.2020 – 21 O 281/20 = VersR 2020, 1574; LG Dresden, Urt. v. 6.1.2021 – 8 O 909/20; LG Essen, Urt. v. 21.10.2020 – 18 O 167/20; LG Hamburg, Urt. v. 18.12.2020 – 306 O 256/20; LG Hannover, Urt. v. 7.12.2020 – 13 O 145/20; LG Kempten, Urt. v. 10.12.2020 – 35 O 747/20; LG Köln, Urt. v. 17.12.2020 – 24 O 277/20; LG Landau, Urt. v. 10.12.2020 – 4 O 231/20; LG Lüneburg, Urt. v. 24.11.2020 – 9 O 662/20; LG Ravensburg, Urt. v. 12.10.2020 – 6 O 190/20; LG Stuttgart, Urt. v. 12.1.2021 – 22 O 260/20; LG Wiesbaden, Urt. v. 3.11.2020 – 9 O 1111/20; LG Berlin, Urt. v. 24.2.2021 – 23 O 187/20; vgl. dazu auch Günther, Die Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen von Betriebsschließungsversicherungen hinsichtlich der Corona-Pandemie, jurisPR-VersR 2/2021, Anm. 1).
Wesentlich seltener folgten Gerichte (LG Magdeburg, Urt. v. 6.10.2020 – 31 O 45/20; LG Hamburg, Urt. v. 4.11.2020 – 412 HKO 91/20; LG Flensburg, Urt. v. 10.12.2020 – 4 O 153/20; LG Darmstadt, Urt. v. 14.12.2020 – 28 O 168/20) der Argumentationslinie, dass es sich nicht um eine abschließende Liste handelt. Das wird aus dem Wort „folgenden” der o.a. Klausel gefolgert: Damit handelte es sich bei dieser Auflistung nur um eine beispielhafte Aufzählung. Ein beispielhafter Charakter der Aufzählung wird sicher deutlich, wenn die Liste etwa mit „insbesondere” oder „namentlich” eingeleitet wird (LG Mannheim, Urt. v. 29.4.2020 – 11 O 66/20; a.A. LG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2020 – 5 O 171/20; LG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2021 – 9 O 292/20). Hierzu zählt auch der Fall des Augustiner Kellers in München. Wegen der Corona-Pandemie musste das Lokal von März bis Mai 2020 geschlossen werden und der Inhaber verlangte von seiner Versicherung, entschädigt zu werden. Diese verweigerte die Leistung unter Verweis auf ihre Bedingungen mit dem Argument, das Corona-Virus sei ein neuartiges Virus, dessen Risiko bei Vertragsabschluss nicht bekannt war. Außerdem hätte der Wirt zunächst gerichtlich gegen die Schließungsverfügung vorgehen sollen. Das Gericht verwarf diese Argumente und sprach dem Wirt über 1 Mio. EUR Entschädigung zu (LG München I, Urt. v. 1.10.2020 – 12 O 5895/20).
Hinweis:
Die Rechtsprechung legt ihren Entscheidungen den Wortlaut der Versicherungsverträge zugrunde. Wer Ansprüche gegen seine Versicherung prüfen will, muss daher seine persönlichen Versicherungsbedingungen untersuchen.
Swinger-Club = Gaststätte? Eine Versicherung hat einen Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, § 123 Abs. 1 BGB, nachdem der Versicherungsnehmer wegen eines versicherten Brandschadens 700.000 EUR von der Versicherung forderte. Bei Abschluss des Versicherungsvertrags hatte er als Betriebsart „Gaststätte” angegeben, tatsächlich aber dort einen Swinger-Club betrieben. Für diese Betriebsart wären allerdings wesentlich höhere Prämien fällig gewesen. Das Gericht gab der Versicherung Recht und bejahte eine arglistige Täuschung, mit der der Versicherungsnehmer offensichtlich Geld sparen wollte (OLG Celle, Urt. v. 14.2.2020 – 8 U 171/19, NZM 2020, 988). Nun geht er vollkommen leer aus.