Die i.R.d. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im SGB II zu übernehmenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden i.H.d. tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II (ebenso § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Dazu, wie der Begriff der Angemessenheit auszufüllen ist, schweigt das Gesetz und überlässt dies den Gerichten. Einen zusammenfassenden Überblick der insoweit einschlägigen neueren Rechtsprechung gibt Berlit (s. info also 2020, 249 ff. [Teil 1] und info also 2021, 11 ff. [Teil 2]).
Das BSG hat in seinem Urteil vom 17.9.2020 (B 4 AS 22/20 R) entschieden, dass ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftsbedarfe auf der Grundlage von Angebotsmieten erstellt werden kann, wenn zu den so ermittelten Angemessenheitswerten ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht. Der Zeitraum, für den die Angebotsmieten ermittelt werden, muss nicht mit dem Kostensenkungszeitraum nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II synchron sein.
Der Beklagte bewilligte dem im laufenden SGB II-Leistungsbezug stehenden alleinstehenden Kläger ab dem 1.11.2013 Leistungen für Unterkunftskosten i.H.v. monatlich 363,50 EUR. Im Oktober 2014 gab der Beklagte bei einem Forschungs- und Beratungsinstitut ein Gutachten zur Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft in Auftrag. Dieses wies bei Alleinstehenden für die Bruttokaltmiete einen Betrag von 290 EUR aus. Nachdem sich die Gesamtmiete des Klägers ab dem 1.11.2016 auf 445,99 EUR erhöhte (284,99 EUR Grundmiete, 88 EUR Betriebskosten, 73 EUR Heizkosten), forderte der Beklagte den Kläger auf, die Bruttokaltmiete bis spätestens 1.5.2017 auf 290 EUR abzusenken. Zugleich wurde die Absenkung der Leistung für die Bruttokaltmiete auf 290 EUR ab dem 1.5.2017 angekündigt. Durch Bescheid vom 24.2.2017 wurden die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf 363 EUR (290 EUR Bruttokaltmiete, 73 EUR für Heizung) für die Zeit vom Mai 2017 bis März 2018 festgesetzt. Am 8.6.2017 wurde das Gutachten aktualisiert. Nun wurden bei Alleinstehenden für die Bruttokaltmiete 310 EUR (240 EUR Grundmiete, 70 EUR Betriebskosten) angesetzt. Ab September 2017 betrug die Gesamtmiete des Klägers 456,45 EUR. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 17.8.2017 für die Zeit von September 2017 bis März 2018 die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf 383 EUR (310 EUR für die Bruttokaltmiete und 73 EUR für Heizkosten) angehoben. Während das SG den Beklagten verurteilte, die Leistungen für die Grundmiete anzuheben, weil dieser kein schlüssiges Konzept verwende, wies das LSG die Klage ab. Der Kläger rügte mit seiner Revision, dass Substandardwohnungen bei den Angebotsmieten nicht gesondert ausgewiesen wurden, Bestandsmieten nicht berücksichtigt wurden, diese für ein Jahr und nicht für sechs Monate erhoben wurden und nicht geklärt sei, ob ein Vermieter bereit sei, ihm eine Wohnung zu vermieten.
Das BSG stellte zunächst klar (Rn 16 der Urteilsgründe), dass Streitgegenstand des Verfahrens nicht einzelne Berechnungselemente der Kosten der Unterkunft (so schon BSG, Urt. v. 29.8.2019 – B 14 AS 43/19 R, BSGE 129, 72), sondern die vorinstanzlichen Entscheidungen und der Bescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides und die nachfolgenden Änderungsbescheide sind – anders das SG, das isoliert eine höhere Nettokaltmiete zugesprochen hat –, dem das LSG zutreffenderweise nicht gefolgt war. Weiter bejahte es die Zulässigkeit der Berufung, weil der Beschwerdewert im Zeitpunkt der Berufungseinlegung maßgeblich ist (so bereits BSG, Urt. v. 19.3.2020 – B 4 AS 4/20 R).
Das BSG skizzierte in seiner Urteilsbegründung zunächst die Schritte der Festsetzung der Angemessenheitswerte (Rn 23 ff. der Urteilsgründe). Diese sind wie folgt zu ermitteln:
Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft:
a) Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße;
b) Feststellung des angemessenen Wohnungsstandardsauf der Grundlage von nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechenden Unterkünften;
c) Feststellung der Nettokaltmiete für Unterkünfte, die dieser Wohnungsgröße und diesem Wohnungsstandard im maßgebenden Vergleichsraum entsprechen. Hierzu ist ein schlüssiges, rechtlichen und methodischen Anforderungen entsprechendes und nachvollziehbares Konzept erforderlich. Es muss definiert werden, welche Wohnungen mit welchem Standard einbezogen und auf welche Art und Weise und für welchen Zeitraum die Daten erhoben wurden. Diese müssen valide und repräsentativ erhoben und nach anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätzen ausgewertet werden. Die Ableitung der Angemessenheitswerte aus den Daten ist darzulegen (so zuletzt BSG, Urt. 30.1.2019 – B 14 AS 24/18 R, BSG 127, 214; s. hierzu Sartorius/Winkler ZAP F. 18, S. 1069 ff.);
d) Feststellung der kalten Betriebskosten (s. zu diesen BSG, Urt. v. 30.1.2019 – B 14 AS 43/18 R, BSG 129, 72).
- Feststellung der konkreten Angemessenheit: Hierbei ist zu prüfen, ob Einsparungen oder ein Umzug zumutbar sind (vgl. BSG, Urt...