In der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden u.a. Unterkunftskosten übernommen. Unterkunftskosten sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die Zahlungsverpflichtungen nach dem Mietvertrag für die Unterkunft, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gebrauchsüberlassung stehen (Rn 13 der Urteilsgründe m.w.N.). Weiter gehören zu den Unterkunftskosten nach § 556 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 BetrKV auf den Mieter umlegbare Betriebskosten (BSG, Urt. v. 19.2.2009 – B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 Rn 16, 18). Nicht nach § 2 BetrKV auf die Mieter umgelegt werden können die Aufwendungen einer Haftpflichtversicherung für Schäden an der Mietsache. In seinem Urt. v. 30.6.2021 (B 4 AS 76/20 R; hierzu Senger NZS 2022, 75 und Jüttner jurisPR-SozR 22/2021 Anm. 1) hatte das BSG zu klären, ob die Aufwendungen für eine Privathaftpflichtversicherung i.R.d. Unterkunftskosten dennoch ausnahmsweise zu übernehmen sind.
Der Kläger war seit dem 1.7.2014 privat haftpflichtversichert. Die Versicherung umfasste auch alle Vermögensschäden an Wohnräumen und sonstigen zu privaten Zwecken gemietete Räume in Gebäuden. Hierfür zahlte er eine jährliche Prämie i.H.v. 49,20 EUR. Er zog ab dem 1.8.2015 in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten um. Der Mietvertrag der ab diesem Zeitpunkt gemieteten Wohnung enthielt u.a. folgende Klausel: "Der Mieter hat vor Einzug noch eine bestehende Privathaftpflichtversicherung nachzuweisen und danach jedes Jahr erneut." Der Beklagte bewilligte ab dem 1.9.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Übernahme der Kosten der Haftpflichtversicherung lehnte er ab. SG und LSG haben den Beklagten verurteilt, monatlich weitere 4,10 EUR für die Haftpflichtversicherung zu zahlen. Der Beklagte rügte mit seiner Revision die Verletzung der §§ 7 ff. i.V.m. § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 und 3, § 22 Abs. 1 SGB II.
Das BSG hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Es rechnete zum Unterkunftsbedarf auch aufgrund des Mietvertrages gegenüber Dritten bestehende Zahlungsverpflichtungen, wenn sie in einem hinreichend engen sachlichen Zusammenhang zur Anmietung der Wohnung stehen (Rn 15 der Urteilsgründe). Hierzu gehörten grds. nur bei ordnungsgemäßer Nutzung entstehende Aufwendungen (ebenso BVerwG, Beschl. v. 3.6.1996 – 5 B 24/96 und die h.L., vgl. nur Lauterbach in: Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II Rn 21), wozu die Absicherung von Schadenersatzansprüchen für vom Mieter zu ersetzende Schäden nicht zu rechnen seien. Allerdings zeige § 22 Abs. 6 SGB II – dort wird die Übernahme der Mietkaution geregelt –, dass die Absicherung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters als Bedarf nach dem SGB II anerkannt ist. Dies gelte unabhängig von der zivilrechtlichen Zulässigkeit einer Verpflichtung des Mieters zum Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung (verneinend wegen Unterlaufens von § 551 BGB: LG Berlin, Urt. v. 16.9.1992 – 26 O 179/92 Rn 38).
Weiter prüfte das BSG, ob die Beiträge zur Privathaftpflichtversicherung im Regelbedarf berücksichtigt sind. Dann hätten sie vom Beklagten nicht übernommen werden müssen (st. Rspr. des BSG, etwa Urt. v. 24.11.2011 – B 14 AS 15/11 R Rn 13). Dies verneinte das BSG, weil die in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 enthaltene Position sonstige Versicherungen nicht im Regelbedarf berücksichtigt wurden (Rn 17 der Urteilsgründe).
Hinweis:
Auch in den derzeit geltenden Regelbedarfen sind die Beiträge für eine Privathaftpflichtversicherung nicht berücksichtigt. Zum Inhalt der Regelbedarfe s. Schwabe, Einzelbeiträge aus den Regelbedarfsstufen ab 1.1.2022: Leistungsfälle nach dem SGB II, dem SGB XII und nach § 2 AsylbLG, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 2022, 1 ff.
Beiträge für private Versicherungen werden unter den Voraussetzungen von § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Hs. 1 SGB II vom Einkommen abgesetzt. Hierin sieht das BSG nur ein Indiz, aber keinen abschließenden Ausschluss der Berücksichtigung von Aufwendungen für private Versicherungen beim Bedarf (BSG, Urt. v. 7.7.2011 – B 14 AS 51/10 R – Rn 17). Gerade in einer mietvertraglichen Verpflichtung zum Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung sieht das BSG eine Ausnahme. Um eine doppelte Berücksichtigung auszuschließen, nimmt das BSG Fälle aus, in denen Aufwendungen für Privatversicherungen bereits beim Einkommen abgesetzt werden (Rn 18 f. der Urteilsgründe).
Der Beklagte konnte der Übernahme der Beiträge zur Privathaftpflichtversicherung nicht entgegenhalten, dass die mietvertragliche Vereinbarung zivilrechtlich unwirksam ist.