Nach dem durch das Bürgergeld-Gesetz unverändert gebliebenen § 28 SGB II wird u.a. die Teilnahme von Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, an Aktivitäten zur sozialen und kulturellen Teilhabe teilnehmen, pauschal bis zu 15 EUR im Monat gefördert. Anders als in der Kinder- und Jugendhilfe (§§ 74 f. SGB VIII) wird die Förderung von Angeboten, „die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit” bieten, im SGB II nicht ausgeschlossen. Es war damit fraglich, ob ein Jobcenter die Leistung nach § 28 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 SGB II auch für Angebote verfassungswidriger Organisationen leisten muss. Das BSG verneinte dies in zwei Urt. v. 14.12.2021 (B 14 AS 21/20 R und B 14 AS 27/20 R; s. hierzu die Anm. v. Jenak, NZS 2022,705 ff.):
- Im ersten Verfahren (B 14 AS 21/20 R) hatte die im ALG-II-Bezug stehende 16-jährige Klägerin Leistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II für die Teilnahme an einem Sommercamp der Jugendorganisation „REBELL” der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands beantragt. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, der Jugendverband „REBELL” werde als linksextremistische Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet und sei deshalb nicht i.S.v. § 29 Abs. 2 SGB II geeignet. Während die Klage hiergegen Erfolg hatte, hat das LSG die Klage abgewiesen.
- Im zweiten Urteil (B 14 AS 27/20 R) ging es um die Frage, ob das Jobcenter „REBELL” in die Liste der Anbieter aufnehmen, mit ihr einen Kooperationsvertrag schließen und Gutscheine für diese ausstellen muss. Auch dies lehnte das Jobcenter ab.
Im Zentrum der Entscheidungen stand die Frage, welche Anforderungen ein geeigneter Träger von Maßnahmen der Bildung und Teilhabe erfüllen muss. Die SGB-II-Leistungsträger sind gem. § 4 Abs. 2 S. 2 SGB II verpflichtet, darauf hinzuwirken, „dass Kinder und Jugendliche geeignete Angebote der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten”. Außerdem sollen sie „die Eltern unterstützen und in geeigneter Weise dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche Leistungen der Bildung und Teilhabe möglichst in Anspruch nehmen” (§ 4 Abs. 2 S. 4 SGB II). Insoweit haben sie einen Sicherstellungsauftrag. Dies folgt aus § 17 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Sie müssen darauf hinwirken, dass „die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen”. Wegen des in § 17 Abs. 1 S. 1 SGB II festgelegten Zurückhaltungsgebots sollen sie allerdings keine eigenen Dienste und Einrichtungen neu schaffen, wenn Dritte geeignete Einrichtungen und Dienste vorhalten oder diese ausbauen oder in Kürze schaffen können. Bei der Umsetzung dieser Vorgaben haben die SGB-II-Leistungsträger einen weiten Gestaltungsspielraum, sodass grds. auch die Ausgabe von Gutscheinen möglich ist, mit denen auf Angebote von Leistungsanbietern, mit denen eine Kooperationsvereinbarung geschlossen und die in eine Anbieterliste aufgenommen wurden, in Anspruch genommen werden können. Ein Anspruch auf Aufnahme in diese Liste besteht allerdings nur i.R.d. Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 GG).
Als Anbieter können nur diejenigen in die Anbieterliste aufgenommen werden, die für die Leistung nach § 28 Abs. 7 SGB II geeignet sind. Generell politische Parteien auszuschließen, wäre indessen nach Auffassung des BSG unzulässig, weil auch die politische Teilhabe Gegenstand von § 28 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 SGB II ist. Nicht geeignet sind Anbieter, wenn die Aktivität nicht der Einbindung in die Gesellschaftsstrukturen dient, wenn der Kinder- und Jugendschutz entgegensteht oder der Träger tragende Verfassungsgrundsätze beseitigen will (Rn 34 ff. der Gründe zu B 14 AS 21/20 R).
Letzteres bejahte das BSG bei „REBELL”, sodass dessen Aufnahme in die Anbieterliste ausscheidet. Aus demselben Grund schied eine Leistung der Bildung und Teilhabe an die Klägerin nach § 28 Abs. 1 Nr. 7 SGB II aus.