Bisherige Vorsorgevollmachten, die sich auf das Betreuungsrecht beziehen, sollten mit Blick auf Änderungen durch die Reform überprüft werden. Dies gilt z.B. für die Vorsorgevollmachten nach dem Muster des BMJ. Dort war es unter Vermögenssorge möglich, mit „Ja” oder „Nein” zu wählen, um dem Bevollmächtigten die Befugnis zu geben oder zu verweigern „Schenkungen in dem Rahmen vornehmen, der einem Betreuer rechtlich gestattet ist.”
In dem aktuellen Muster ist dies abgewandelt worden zu „Schenkungen in dem Rahmen vornehmen, der einem Betreuer ohne betreuungsgerichtliche Genehmigung gestattet ist (also Gelegenheitsgeschenke oder nach meinen Lebensverhältnissen angemessene Zuwendungen).”
Dieser Verweis auf das Betreuungsrecht war nach hier vertretener Ansicht noch nie günstig. So ist beispielsweise einer Überweisung nicht anzusehen, ob sie eine Schenkung oder zumindest eine Teilschenkung darstellt, ihr also eine (adäquate) Gegenleistung gegenübersteht. Insofern wäre danach stets ungewiss, ob der mit solch einer Vorsorgevollmacht Bevollmächtigte überhaupt im Außenverhältnis berechtigt ist, eine Überweisung zu beauftragen, sodass ihre Ausführung von der Bank verweigert werden könnte.
Mit der Reform ändern sich allerdings die Schenkungsbefugnisse für Betreuer. Insofern ist unklar, ob der Verweis auf das Betreuungsrecht in Alt-Vollmachten weiter als anwendbares Recht bis zum 31.12.2022 gelten soll oder es ein dynamischer Verweis ist und damit die Regelungen ab 1.1.2023 anzuwenden sind. Da Vollmachtgeber die zukünftige Entwicklung nicht vorausahnen konnten, spricht viel dafür, dass jeweils das alte Recht maßgeblich ist.
Es ist nach hier vertretener Ansicht vorzugswürdig, im Außenverhältnis die Schenkungsbefugnis nicht ausdrücklich zu erwähnen. Wird eine unbeschränkte Vorsorgevollmacht erteilt, sind auch unentgeltliche Verfügungen erlaubt. Eine Einschränkung wiederum würde die Verwendung der Vollmacht gefährden, da z.B. eine Bank nicht nachprüfen kann, ob einer Zahlungsanweisung eine (adäquate) Gegenleistungen gegenübersteht oder eine (Teil-)Schenkung vorliegt, die ggf. nicht von der Vollmacht erfasst ist.
Sinnvoll und empfehlenswert ist es aber, im Innenverhältnis die Befugnis zur Vornahme von Schenkungen zu regeln. Nach hier vertretener Auffassung ist eine Regelung in einem eigenen Dokument zu bevorzugen. Sonst könnte wiederum aus der Kenntnis des Innenverhältnisses durch die Vorlage der Vollmacht (z.B. eines Mitarbeiters einer Bank) der Schluss gezogen werden, dass deren Einhaltung vom Gegenüber (z.B. der Bank) geprüft werden müsste. Gerade bei einer ausdrücklichen Formulierung („Ohne dass dies die Vollmacht im Außenverhältnis einschränkt ...”) ist das zwar nicht richtig. Wenn sich der Bank aber ein Widerspruch der Handlung des Bevollmächtigten zu der der Bank vorliegenden Innen-Weisung des Vollmachtgebers aufdrängen muss, kann die Gefahr der Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens gesehen und deshalb die Akzeptanz der Vollmacht abgelehnt werden. Das mag zwar rechtlich falsch und zu korrigieren sein. Es vermindert aber die regelmäßig angestrebte Leichtläufigkeit der Vorsorgevollmacht.
In einem separaten Innenverhältnis, welches einen entsprechend zu schließenden Vertrag darstellt, könnte eine Regelung der Schenkungsbefugnis enthalten sein, ggf. neben Regeln zum Beginn und Ende der Tätigkeit des Bevollmächtigten, seiner Haftung, seiner Vergütung und seinen Auskunfts- und Rechenschaftspflichten.
Es kann hinsichtlich der Zulässigkeit von Schenkungen z.B. klargestellt werden, dass übliche Anstands- und Gelegenheitsgeschenke (an gemeinnützige Organisationen, Patenkinder, Pflegeheimmitarbeiter etc.) vorgenommen werden dürfen, sonstige Schenkungen aber nicht. Es kann auch ausdrücklich aufgenommen werden, dass Schenkungen z.B. zur Verwirklichung einer vorweggenommenen Erbfolge unter Einhaltung der testamentarischen Vorgaben möglich sein sollen, oder bezogen auf bestimmte Objekte, wie beispielsweise einen Pkw.
Wichtig ist zu beachten: Wird der Bevollmächtigte nicht z.B. durch einen zweiten privaten Bevollmächtigten oder einen professionellen Vorsorgeanwalt kontrolliert, kann er gegen die Einschränkung der Schenkungsbefugnis verstoßen. Der Vollmachtgeber kann ihn regelmäßig nicht mehr kontrollieren, so dass nur eine Kontrollbetreuung und eine nachträgliche – oft mühsame – Kontrolle durch die Erben denkbar ist.
Formulierungsvorschlag:
„Der Bevollmächtigte darf im Namen des Vollmachtgebers nur sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkungen vornehmen. Sie können z.B. an Angehörige und Freunde sowie Pflege- und andere Hilfspersonen (z.B. Briefträger) zu üblichen Gelegenheiten in dem für den Vollmachtgeber angemessenen und ggf. üblichen Rahmen erfolgen, insbesondere also als Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke und Trinkgelder.”