Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
Bezüglich einer Eigentumswohnanlage mit zwei Einfamilienhäusern und Gartensondernutzungsrechten an einem großen, parkartigen Grundstück wurde eine beabsichtigte Zaunziehung eines Eigentümers zur Abgrenzung der Gartensondernutzungsrechte als nachteilige bauliche Veränderung qualifiziert, die vom Nachbar-Miteigentümer nicht geduldet werden müsse. Ein solcher Zaun sei eine - nicht nur ganz geringfügige - Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage und des parkähnlichen Gartens dieser Anlage.
Habe die I. Instanz Augenschein genommen und lägen Pläne und Lichtbilder in der Gerichtsakte, sei dies eine ausreichende Beurteilungsgrundlage auch für die II. Instanz, ohne dass dort nochmals eine Beweisaufnahme in der Form einer Augenscheinseinnahme erfolgen müsse. Diese Feststellungen seien für die Rechtsbeschwerdeinstanz bindend.
Im vorliegenden Fall sollte durch die Zaunziehung das Betreten fremden Gartengrundes durch den anderen Miteigentümer und dessen Hund verhindert werden. Das Gericht teilte die Auffassung der Vorinstanzen, dass bei der Größe der Sondernutzungsflächen auch einem etwaigen Überschreiten der Grenze durch den jeweils anderen Wohnungseigentümer (oder dessen Mieter), das durch den Zaun verhindert werden sollte, nicht die Bedeutung zukomme wie bei sehr kleinen Flächen (vgl. OLG Hamburg, DWE 84, 91).
Im vorliegenden Fall sei auch durch rechtskräftigen amtsrichterlichen Beschluss in einem Parallelverfahren das Betreten der Sondernutzungsfläche durch den anderen Eigentümer verboten worden, was der Gefahr künftiger Störungen entgegenwirke. Ein wechselseitiges Grenzüberschreiten durch laufende Hunde sei bei dieser Rechtslage keine Rechtfertigung, einen Zaun zu ziehen. Die neue Entscheidung beruhe deshalb auf denselben Rechtsgrundsätzen einer früheren Entscheidung (BayObLGZ 1982, Nr. 69) sowie der Entscheidungen des OLG Hamburg (vorerwähnt) und des KG Berlin (WM 85, 161). Soweit die Entscheidungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führten, läge dies daran, dass ihnen jeweils andere Sachverhalte zugrunde gelegen hätten.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 23.10.1986, BReg 2 Z 110/86)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Im konkreten Fall hat also das Gericht eine Durchschneidung des großen Gartengrundstücks durch einen Zaun als eine nachteilige bauliche Veränderung angesehen, selbst bei diversen "Grenzüberschreitungen" durch den Nachbareigentümer und - wechselseitig - durch Hunde beider Parteien. In einer früheren Entscheidung hat jedoch das BayObLG bei kleineren Garten-Sondernutzungsflächen gerade die Tatsache des Schutzes unberechtigter Übergriffe (durch Hunde) als entscheidendes Kriterium für die Duldungspflicht eines Zaunes angesehen. Im vorliegenden Fall wird im Ergebnis der m.E. etwas umständliche Weg empfohlen, aus einem parallel erstrittenen Betretungsverbots-Gerichtstitel bei zukünftigen unberechtigten "Grenz-Übertritten" die Vollstreckung zu betreiben. Die Rechtsprechung stellt also zu diesen höchst umstrittenen und unterschiedlich entschiedenen Problemsituationen stets auf den konkreten Einzelfall ab, sodass speziell atypisches Wohnungseigentum (Einfamilienhaus-Sondereigentum, Reihenhaus- und Doppelhaussondereigentum mit Gartensondernutzungsrechten) begründenden Grundstückseigentümern zu empfehlen ist, von Anfang an die Berechtigung einer Zaunziehung ausdrücklich zu vereinbaren (oder auch zu verbieten), um evtl. spätere Auseinandersetzungen und Streitigkeiten von Nachbareigentümern mit nicht prognostizierbaren gerichtlichen Einzelfallentscheidungen zu vermeiden.