Auch die Zivilgerichte dürfen den Erben, der wegen einer Ehegattenschenkung auf Ergänzung in Anspruch genommen wird, nicht schlechter stellen als den Erben, der eine Drittschenkung ausgleichen soll. Sie sind daher gehalten, die Verfassungswidrigkeit des § 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB soweit wie möglich durch verfassungskonforme Auslegung zu korrigieren. Methodisch kann das durch eine teleologische Reduktion der Vorschrift geschehen, indem Ehegattenschenkungen ab dem Zeitpunkt wie Drittschenkungen behandelt werden, ab dem sich der Schenkungsgegenstand nicht mehr im Vermögen des beschenkten Ehegatten befindet, wobei es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, die Beweislast dafür dem Erben aufzuerlegen. Denn das Nichtanlaufen der Zehnjahresfrist auch bei solchen Schenkungen ist vom Gesetzeszweck nicht gedeckt.
Bei der verfassungskonformen Auslegung können allerdings keine Anleihen im Anfechtungsrecht genommen werden, wonach im Sinne einer Wertungsgleichheit die Zehnjahresfrist auch im Pflichtteilsrecht mit dem Vollzug der Schenkung beginnt. Denn eine verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze am eindeutigen Wortlaut einer Vorschrift und an den gesetzgeberischen Grundentscheidungen; sie kann nicht dazu dienen, eine verfassungswidrige Vorschrift so umzugestalten, dass daraus eine verfassungsgemäße Vorschrift wird. Deshalb kann die Verfassungswidrigkeit des § 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB aufgrund des Wertungswiderspruchs zum Anfechtungsrecht nicht durch Auslegung korrigiert werden.
Eine andere Frage ist aber, ob die Vorschrift nicht aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch eine richterliche Rechtsfortbildung korrigiert werden kann, wie das der BGH mit § 253 BGB aF gemacht hat, der einen Schadensersatz in Geld für einen immateriellen Schaden generell verweigerte. Das BVerfG hat diese Rechtsprechung mit der Erwägung gebilligt, der BGH habe die Fälle einer Erstattung immateriellen Schadens in Geld um einen Fall erweitert, in dem ihm die Entwicklung der Lebensverhältnisse, aber auch ein jus superveniens von höherem Rang, nämlich die Art. 1 und 2 Abs. 1 GG, die Entscheidung als zwingend gefordert hätten erscheinen lassen. Er habe damit nicht das System der Rechtsordnung verlassen und keinen eigenen rechtspolitischen Willen zur Geltung gebracht, sondern lediglich Grundgedanken der von der Verfassung geprägten Rechtsordnung mit systemimmanenten Mitteln weiterentwickelt. Diese Erwägungen beanspruchen auch Geltung für eine Korrektur des § 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB. Sollte sich der BGH zu einer Rechtsfortbildung nicht entschließen können, sollte er von einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG Gebrauch machen und die Entscheidung dem BVerfG überlassen. Das sollte bei nächster Gelegenheit erfolgen, wenn sich der Gesetzgeber nicht im Zuge der Reform des Pflichtteilsrechts eines anderen besinnt und die Vorschrift ändert.