Beschluss vom 15. September 2009
(...) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Schadensersatzklage gegen den Beklagten, ihren früheren Prozessbevollmächtigten, abgewiesen. Das diesem vorgeworfene Unterlassen, nämlich in dem verloren gegangenen Auskunftsprozess, den die uneheliche, 1969 geborene und 1970 vom Erblasser als die seine anerkannte Tochter nach dessen Tod (24.8.1997) im Jahre 1999 gegen ihre drei Halbgeschwister angestrengt hatte, weder auf die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Klärung des (zu Recht) in Abrede gestellten testamentarischen Erbrechts der Halbschwester der Mandanten hingewirkt noch auf das Fehlen bzw. den Ausschluss einer Pflichtteilsanspruchsberechtigung der Halbschwester als testamentarischer Nichterbin gemäß § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB hingewiesen (und dies durch entsprechenden Tatsachenvortrag untermauert) zu haben, war bei unterstellter Pflichtwidrigkeit jedenfalls nicht ursächlich für die Prozessniederlage (Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 30.7.1999 – 2 O 1259/99) und die damit anschließend verbundenen Vermögensnachteile der Mandanten. Denn selbst als Nichterbin stand der Klägerin des Vorprozesses der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu. Dies hat das Landgericht im nunmehr anzugreifenden Urteil richtig entschieden, wenn auch nur unzureichend begründet. Auf die weiteren Bedenken des Beklagten im Schriftsatz vom 10.9.2009 zur Anspruchshöhe und zur Frage der Verjährung kommt es daher nicht an.
Im Einzelnen:
1. Das Landgericht hat für die von ihm angenommene Berechtigung des Auskunftsverlangens der Klägerin des Vorprozesses als Nichterbin keine Anspruchsgrundlage benannt und weder Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB noch das vor der Wiedervereinigung geltende Pflichtteilsrecht des ZGB einer näheren Prüfung unterzogen.
Mit Inkrafttreten des ZGB am 1.1.1976 war zwar eine vollständige erbrechtliche Gleichstellung zwischen ehelichen und nichtehelichen Abkömmlingen erreicht. Das bei testamentarischem Ausschluss von der Erbfolge eingreifende Pflichtteilsrecht stand diesen wie jenen aber, wie das Landgericht möglicherweise übersehen, jedenfalls nicht erörtert hat, unterschiedslos nur dann zu, wenn sie im Zeitpunkt des Erbfalls gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigt waren, § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB. Letzteres war hier, wie der Beklagte nicht in Abrede stellt, gerade nicht der Fall. Auf altes DDR-Recht, das durch Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB unverändert übergeleitet worden sei, ließen sich Pflichtteils- und entsprechende Auskunftsansprüche der damaligen Klägerin also nicht stützen. Die Entscheidungsgründe des nunmehr anzufechtenden Urteils verhalten sich hierzu nicht eindeutig; man könnte sie im gerade umgekehrten Sinne verstehen.
2. Dies im Vorprozess nicht zur Verteidigung gegen die Auskunftsklage eingewandt zu haben, mag dem hiesigen Beklagten als Pflichtwidrigkeit anzulasten sein, hat aber jedenfalls nicht den Verlust des Rechtsstreits verursacht. Denn aus einem anderen Grunde ist der Vorprozess nach der im Regressprozess maßgeblichen Auffassung des Senates richtig entschieden worden. Tatsächlich hat Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB (iVm Art. 230 EGBGB) nämlich selbst eine hier ausschlaggebende Änderung in pflichtteilsrechtlicher Hinsicht mit der Folge bewirkt, dass sich die Berechtigung des Auskunftsverlangens der damaligen Klägerin aus § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB ergab.
a) Das folgt allerdings nicht aus der aktuellen Fassung des Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB ("Ist der Erblasser nach dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben, so gelten in Ansehung eines nichtehelichen Kindes, das vor dem Beitritt geboren ist, die für die erbrechtlichten Verhältnisse eines ehelichen Kindes geltenden Vorschriften."); sie ist in zeitlicher Hinsicht unanwendbar.
Diesen Inhalt hat die durch Art. 2 des Gesetzes zur Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2968; ErbGleichG) neu gefasste Überleitungsvorschrift erst mit Wirkung vom 1.4.1998 und damit erst nach Eintritt des hier zu beurteilenden Erbfalls am 24.8.1997 erhalten. Zuvor lautete Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB: "Anstelle der §§ 1934 a bis 1934 e und 2338 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten auch sonst, wenn das nichteheliche Kind vor dem Wirksamwerden des Beitritts geboren ist, die Vorschriften über das Erbrecht des ehelichen Kindes." Entsprechend bestimmt der ebenfalls durch Art. 2 ErbGleichG eingefügte, nicht spezifisch auf DDR-rechtliche Überleitungsfälle zugeschnittene Art. 227 EGBGB in Absatz 1 Nr. 1, dass die bis zum 1.4.1998 geltenden Vorschriften über das Erbrecht des nichtehelichen Kindes weiter anzuwenden sind, wenn der Erblasser vor diesem Zeitpunkt gestorben ist.
b) Die unmittelbare Anwendbarkeit des § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich aber, bezogen auf den Streitfall und den Vorprozess, aus Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB aF.
Die Bedeutung der darin angeordneten Geltung der "Vorschriften über das Erbrecht des ehelichen Kindes" für vor dem 3.10.1990 geborene nichteheliche Kinder erschöpft sich nicht darin, nichteh...