I. Die Klägerin macht Ansprüche auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen betreffend ihre verstorbene Tochter geltend. Wegen der Feststellungen des Landgerichts und der erstinstanzlichen Anträge wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Mit Urt. v. 9.11.2018 hat das Landgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen (I 175). Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, für einen Anspruch aus § 630g Abs. 1 BGB fehle es der Klägerin an der Aktivlegitimation. Da dem Einsichtsrecht das allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrunde liege, komme es weder auf die Erbenstellung noch den Inhalt der Vorsorgevollmacht an. Vielmehr seien die Rechte der Klägerin gesondert in § 630g Abs. 3 BGB geregelt. Das dort für die Klägerin als Erbin bzw. als nahe Angehörige vorgesehene Recht auf Einsichtnahme gelte jedoch nur unter der Einschränkung des § 630g Abs. 3 S. 3 BGB, wonach es nicht gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen geltend gemacht werden könne. Der Arzt habe seine Entscheidung gewissenhaft zu prüfen und – unter Wahrung der Geheimhaltungspflichten – nachvollziehbar darzulegen, dass sich seine Weigerung auf konkrete oder mutmaßliche Belange des Verstorbenen und nicht auf sachfremde Gesichtspunkte stütze. Sein Beurteilungsspielraum sei von den Gerichten dann aber nur eingeschränkt überprüfbar.
Vorliegend habe der verstorbene Arzt, Dr. Sch., eine ausdrückliche Erklärung abgegeben. Da neben dessen Schreiben aber kein Beweismittel vorliege, müsse subsidiär auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die ohne eine solche Erklärung gelten würden. Auch insofern enthalte das Schreiben aber ausreichend substantiierte Angaben in der Beschreibung, dass die verstorbene Patientin Inhalte als besonders sensibel und schützenswert gehalten habe – insbesondere betreffend die Beziehung zur Klägerin – und gerade die Klägerin davon keine Kenntnis erhalten solle. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Arzt Dr. Sch. gerade diese Inhalte am Telefon preisgegeben habe. Aus dem klägerseits behaupteten Näheverhältnis und dem Umstand, dass diese einigen Sitzungen selbst beigewohnt habe, ergebe sich nichts anderes. Insbesondere sei gut vorstellbar, dass es der Verstorbenen gerade wegen des Näheverhältnisses darauf angekommen sei, einen engsten Bereich ihrer Gefühlswelt – dauerhaft – für sich zu behalten.
Auch aus der Vorsorgevollmacht würden sich keine Indizien für ein Einverständnis zur Einsicht in die Patientenakten ergeben. Dies folge bereits daraus, dass die Vollmacht am 28.9.2009 erteilt worden sei, die Psychotherapie aber erst am 9.9.2016 begonnen worden sei und sich aus der Vollmacht keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sie auch für die Preisgabe intimster Details des Seelenlebens gegenüber einem Psychotherapeuten gelten solle. Jedenfalls müsste einem in der konkreten Behandlungssituation geäußerten Willen Vorrang gegenüber einer Jahre zuvor abgegebenen formularmäßigen Blanketterklärung eingeräumt werden. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Wunsch der verstorbenen Patientin auf Verschwiegenheit mit ihrem Tod habe enden sollen. Insofern könne das Vertrauen, innerste Gedanken und Vorgänge zu schützen, überhaupt erst Grundlage dafür sein, dass sie mit dem Therapeuten erörtert worden seien. Für weitere Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil verwiesen.
Gegen diese ihr am 19.11.2018 zugestellte (I 197) Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 18.12.2018, eingegangen beim Oberlandesgericht am gleichen Tag (II 1), die sie innerhalb verlängerter Frist (II 23) mit am 19.2.2019 eingegangenen Schriftsatz begründet hat (II 29). Sie meint insbesondere, aus der Vorsorgevollmacht ergebe sich der Wille ihrer Tochter, dass sie nach ihrem Tod volle Akteneinsicht in Patientenunterlagen erhalte. Dieser ausdrückliche Wille habe Vorrang gegenüber dem möglicherweise erklärten, von ihr auch bestrittenen Wunsch. Die notarielle Vorsorgevollmacht sei klar und deutlich formuliert und zu keinem Zeitpunkt widerrufen worden. Wenn jederzeit durch mündliche Erklärung von einer notariellen gegenseitigen Vollmacht abgewichen werden könnte, wären einem etwaigen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Die Behandler könnten ohne Nachprüfungsmöglichkeit abweichende Behauptungen aufstellen. Ohne Eintrag in die Patientenakte oder eine schriftliche Erklärung würden die Angehörigenrechte ausgehebelt werden. Damit wären sowohl der Patient als auch seine Angehörigen in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu berücksichtigen, dass ein Widerruf der Vollmacht ihr gegenüber hätte erfolgen müssen und jedenfalls der Schriftform, wenn nicht sogar der notariellen Form hätte entsprechen müssen.
Abgesehen davon, dass die vom Therapeuten behauptete Erklärung bereits bestritten werde, entspreche es dem mutmaßlichen Willen, dass sich das Geheimhaltungsinteresse mit dem Ableben erledigt habe. Auf das besondere Näheverhältnis zu ihr als Mutter sei nicht eingegangen worden und ihrer angebotenen Parteivernehmung sei...