Einführung
Erbschaftsteuern sind auf der politischen Agenda: Österreich hat auf den 1. Juli 2008 die Erbschaft- und Schenkungsteuer abgeschafft. Deutschland hat darauf prompt mit der Kündigung des Doppelbesteuerungsabkommens reagiert. In der Schweiz wird keine Erbschaft- und idR keine Schenkungsteuer mehr gegenüber Ehegatten und direkten Nachkommen erhoben – eine Entwicklung, die sich ebenfalls in den letzten Jahren vollzogen hat. Nach wie vor erhebt die Schweiz aber Erbschaft- und Schenkungsteuern gegenüber nicht verwandten Dritten und eine gänzliche Abschaffung steht nicht zur Diskussion. Lediglich Tarifsenkungen zeichnen sich ab. In Deutschland schließlich sind die Erbschaft- und Schenkungsteuern ein politisches Dauerthema, wobei primär die Bewertung der zu besteuernden Vermögenswerte im Vordergrund steht. Der vorliegende Artikel zeigt die Grundzüge der deutschen und Schweizer Erbschaftsteuer auf und geht insbesondere auf die Vermeidung einer allfälligen Doppelbesteuerung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ein. Die Darstellung beschränkt sich auf die Erbschaftsteuer; die Schenkungsteuer ist idR aber praktisch gleich ausgestaltet.
I. Schweizer Erbschaftsteuer
A. Gesetzliche Grundlagen und Charakterisierung
Die Kompetenz zur Erhebung von Erbschaftssteuern ist im schweizerischen Recht ausschließlich den Kantonen vorbehalten. Da eine Harmonisierung auf diesem Gebiet nicht vorgesehen ist, kennt jeder Kanton sein eigenes Erbschaftssteuerrecht. Mit Ausnahme des Kantons Schwyz erheben sämtliche Kantone und daneben z. T. auch die Gemeinden eine Erbschaftsteuer.
Die Erbschaftsteuer ist meist als Erbanfallsteuer ausgestaltet, die auf den Erbteil jedes einzelnen Erben erhoben wird, seltener (in nur zwei Kantonen) als Nachlasssteuer, die vom unaufgeteilten Nachlassvermögen gesamthaft ermittelt wird.
B. Örtliche Anknüpfung und unilaterale Vermeidung der Doppelbesteuerung
Die örtliche Anknüpfung der Erbschaftsteuer erfolgt unter nationalem Erbschaftssteuerrecht primär am (letzten) Wohnsitz des Erblassers. Dieser Hoheitsträger ist befugt, sämtliche Zuwendungen von Todes wegen zu besteuern, soweit sie bewegliches Vermögen betreffen. Einzig Immobilien werden dem Belegenheitsort zugeteilt.
Einige Kantone sehen daneben eine selbstständige Anknüpfung für schweizerisches Betriebsstättevermögen eines im Ausland verstorbenen Erblassers vor, wobei die Besteuerungsbefugnis z. T. davon abhängig gemacht wird, dass dieses Vermögen nach Staatsvertrag dem Betriebsstätten- oder Belegenheitsstaat zur Besteuerung zugewiesen wird. Andere Kantone kennen eine noch weiter gehende Anknüpfung, die jegliches im Kanton gelegenes bewegliches Vermögen eines im Ausland verstorbenen Erblassers umfasst. Z. T. werden die Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen explizit vorbehalten.
C. Steuersubjekt
Steuersubjekt sind die Erben und/oder Vermächtnisnehmer. Die Erbengemeinschaft selbst bildet kein eigenständiges Steuersubjekt. Vielmehr werden die einzelnen Erben nach Maßgabe der Erbquoten erbschaftssteuerpflichtig. Bei der als Nachlasssteuer ausgestalteten Erbschaftsteuer wird der Steuerbetrag direkt aus dem Nachlassvermögen eingezogen. Die Erben haften nach dem Recht der meisten Kantone untereinander solidarisch für die Erbschaftsteuer bis zur Höhe des Empfangenen. IdR haften sie auch für die Steuer auf Vermächtnissen.
D. Steuerobjekt
Steuerobjekt der Erbschaftsteuer bilden alle unentgeltlichen Vermögensübergänge von Todes wegen. Nebst den klassischen erbrechtlichen Vermögensanfällen (Erbschaft, Vermächtnis) kommen auch die Errichtung einer Stiftung durch letztwillige Verfügung oder Leistungen aus Lebensversicherungspolicen als Gegenstand der Erbschaftsteuer in Betracht.
E. Steuerbefreiungen und Steuerfreibeträge
Der überlebende Ehegatte ist mittlerweile in allen Kantonen von der Erbschaftsteuer befreit. Dasselbe gilt in der Mehrzahl der Kantone auch für die direkten Nachkommen und in einigen Kantonen gar für Vorfahren.
Die Steuerfreibeträge sind wegen ihrer geringen Höhe von untergeordneter Bedeutung. Stirbt z. B. ein Erblasser im Kanton Basel-Stadt und hinterlässt als einzigen Erbe einen Neffen, so beschränkt sich der Freibetrag auf 2.000 CHF. Lediglich in einigen wenigen Kantonen, wo die Freibeträge anstelle einer gänzlichen Steuerbefreiung direkter Nachkommen treten, erreichen sie substanzielle Höhe (mehrere hunderttausend Franken).
F. Steuerbemessung
Die Erbschaftsteuer wird einmalig vom Nettonachlass erhoben. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer werden somit vom Vermögen des Erblassers dessen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten in Abzug gebracht, wobei in vielen Kantonen die Erbschaftsteuer selber und die Erbgangsschulden als Drittschulden gelten.
Die Bewertungspraxis der Kantone ist äußerst vielfältig, wobei den Steuerverwaltungen regelmäßig ein erheblicher Ermessensspielraum zukommt. Dieser lässt sich in der Praxis v. a. bei Liegenschaftsbewertungen feststellen. Insgesamt gelten die Bewertungsgrundsätze bei der Schweizer Erbschaftsteuer als moderat. In- und ausländisches Vermögen wird jeweils nach denselben Kriterien bewertet. In vielen Kantonen wird vom sog. "Vermögensteuerwert" ausgegangen, der nebst dem Verkehrswert (verstanden als Wert, der einem Gegenstand im wirtsc...