Leitsatz
1. Ist ein Betroffener als Erbe nach österreichischem Recht gem. § 810 ABGB hinsichtlich des Nachlasses vertretungsbefugt, fallen Verfügungen des Betreuers über Nachlassgegenstände in den Aufgabenkreis "Vermögenssorge", auch wenn der Betroffene wegen noch ausstehender Einantwortung nach § 797 ABGB noch nicht Eigentümer des Nachlasses geworden ist
2. In diesem Falle ist auch die Verfügung des Betreuers über Wertpapiere aus dem Nachlass genehmigungsbedürftig nach § 1812, § 1908 i Abs. 1 BGB.
OLG München, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 33 Wx 266/08
Sachverhalt
Auf Antrag des Betroffenen hat ihm das AG am 17.6.2008 u. a. für Vermögenssorge und Vertretung im Nachlassverfahren einen Rechtsanwalt als berufsmäßigen Betreuer sowie für die persönlichen Angelegenheiten eine weitere Betreuerin bestellt.
Der Vermögensbetreuer hat am 25.8.2008 die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung von verschiedenen Verfügungen bezüglich des Nachlasses nach dem verstorbenen Vater, dessen Alleinerbe der Betroffene ist, beantragt. Das AG hat am 11.9.2008 diesen Antrag zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Betroffenen und des Betreuers mit dem Ziel der Genehmigung des Verkaufs eines Aktienpakets aus dem Nachlass hat das LG am 20.10.2008 zurückgewiesen.
Hiergegen wenden sich der Betroffene und der Betreuer mit ihren weiteren Beschwerden, mit denen weiterhin die Genehmigung des Verkaufs der Aktien begehrt werden.
Aus den Gründen
Die zulässigen Rechtsmittel haben auch in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Der Verkauf der Aktien sei nicht genehmigungsbedürftig, da der Nachlass, zu dem sie gehörten, dem Betroffenen noch nicht angefallen sei. Ein Genehmigungstatbestand nach § 1908 i Abs. 1, § 1812 BGB sei nicht gegeben, da die betroffenen Vermögenswerte noch kein Eigenvermögen des Betroffenen darstellten. Nach österreichischem Recht gehe, anders als nach deutschem Recht gem. § 1922 BGB, der Nachlass nicht ohne Weiteres mit dem Erbfall auf den Erben über. Gemäß § 474 Satz 3 des österreichischen ABGB werde vielmehr vor der Annahmeerklärung des Erben der Nachlass (Verlassenschaft) so betrachtet, als wenn er noch vom Verstorbenen besessen würde. Angenommen werde die Erbschaft durch die "Erbserklärung", die gem. § 799 ABGB in einem "Abhandlungsverfahren" abgegeben werde. Sie sei die regelmäßige Voraussetzung des Erbschaftserwerbs, der sich erst durch "Einanwortung" (§§ 797, 819 ABGB) vollende, die vom "Verlassenschaftsgericht" mit konstitutiver Wirkung beschlossen werde. Österreichische Nachlassgerichte seien für im Ausland gelegenes bewegliches Vermögen jedoch nur dann zuständig, wenn der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers in Österreich gewesen sei. Dies sei hier der Fall, da der Erblasser, der österreichischer Staatsbürger war, seinen letzten gemeldeten Wohnsitz in Wien hatte. Auch die glaubhaften Ausführungen des Betreuers bestätigten einen Lebensmittelpunkt in Österreich. Hiergegen spreche nicht, dass der Erblasser offenbar in Deutschland einen weiteren Wohnsitz gehabt habe, wo er auch verstorben sei.
Nach Aktenlage habe eine Einanwortung zugunsten des Betroffenen noch nicht stattgefunden. Deshalb handle es sich bei den betroffenen Vermögenswerten, den Aktien bei einer Bank in Liechtenstein, noch nicht um das Vermögen des Betroffenen. Die Verwaltungs- und Vertretungsbefugnis nach § 810 ABGB und eine Verkäuflichkeit des Nachlasses im Ganzen führe nicht dazu, dass die konkreten Nachlassgegenstände bereits in das Vermögen des erbenden Betroffenen übergegangen seien.
Eine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Betreuers im Rahmen der ihm obliegenden Vermögenssorge für den Betroffenen bestehe nach dem im Betreuungsverfahren maßgeblichen deutschen Recht jedoch nur insoweit, als es sich um Vermögen des Betroffenen handle. Da dies bei den fraglichen Wertpapieren aus den genannten Gründen noch nicht der Fall sei, liege ein Genehmigungstatbestand für den beabsichtigten Verkauf der Aktien derzeit nicht vor.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.
a) Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem österreichischen Recht unterliegt, da der Erblasser österreichischer Staatsangehöriger war (Art. 25 Abs. 1 EGBGB). Das österreichische Recht nimmt diese Verweisung an (§ 28 IPRG). Dieses Recht bestimmt nicht nur das Erbrecht des Betroffenen, sondern auch den Anfall und den Erwerb der Erbschaft.
Ebenfalls zutreffend hat das LG festgestellt, dass die Erbschaft vom Betroffenen noch nicht erworben wurde, da der Erwerb der Erbschaft nach österreichischem Recht nicht bereits mit dem Tod des Erblassers, sondern erst mit dem Abschluss des Nachlassverfahrens durch die vom Abhandlungsgericht auszusprechende "Einantwortung" gem. § 797 Satz 2 ABGB eintritt. Diese Einantwortung hat noch nicht stattgefunden.
b) Die Würdigung des LG, der Verkauf von Wertpapieren aus dem Nachlass des Vaters des Betroffenen unterfalle ...