Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen
Wie bei jedem anderen Nachlassgegenstand muss es den Erben erlaubt sein, eigenständig Entscheidungen zu treffen. Dies hat nicht nur den Vorzug der Einfachheit, Klarheit und Rechtssicherheit, sondern fügt sich auch in den Gedanken, dass die Erben die Rechtsposition des Urhebers nach ihren Vorstellungen weiterführen. Man sollte aber auch die ideellen und "persönlichkeitsrechtlichen" Gewichte, die für das Urheberrecht gelten, nicht gegenüber denjenigen überbewerten, die auch für andere Nachlassgegenstände gelten, so etwa für ein Grundstück, mit dem der Erblasser ebenfalls "Idealismus" verbindet, wenn er zu Lebzeiten und nach dem Tode verhindern will, dass es von einer landwirtschaftlich genutzten Fläche in ein Neubau- oder Industriegebiet übergehen soll. Bestehen hier Differenzen zwischen dem Wunsch des Erblassers einerseits und den Vorstellungen des bzw. der Erben andererseits, bleibt dem Erblasser lediglich übrig, durch Auflagen bzw. einen oder mehrere Testamentsvollstrecker die gegenläufige Verwendung des Grundstücks zu verhindern. Andere Beispiele sind denkbar wie die totale Umgestaltung von Rechtspositionen und Unternehmensanteilen, ja allgemein gesprochen die gänzliche Umgestaltung der Vermögensorganisation der Erbschaft. Dies hindert mE die vorgeschlagene Andersbehandlung der Urheberrechte im Vergleich zum übrigen Nachlass. Ebenso wenig wird dies durch den Verweis auf § 14 UrhG entkräftet, denn auch bei anderen Gegenständen wie dem Urheberrecht hat jeder Erblasser berechtigte geistige und persönliche Interessen an gerade diesen Gegenständen. Dies spricht gegen eine zu starke Verankerung des postmortalen Schutzes des Andenkens an den Urheber und gegen die zu weit gehende Aushöhlung der Rechtsposition der Erben. Wie bei jeder Erbauseinandersetzung der Miterbengemeinschaft (§ 2032 BGB) auch, wird sich diese – mit Teilungsanordnung des Erblassers oder nicht – auf eine adäquate Teilung der Gegenstände und Rechte der Erbmasse verständigen müssen. Durch eine zu starke Bindung der Erben an die Person des Erblassers wird deren Erbenstellung als Rechtsnachfolger entwertet, ja werden sie gar zu einfachen Testamentsvollstreckern "degradiert". Eine Kontrollinstanz der Erben bei der Wahrnehmung des Urheberpersönlichkeitsrechts – wie von Clément vorgeschlagen –, die auch nach seinem Dafürhalten in der Praxis sehr schwierig einzurichten ist, würde die Erben zu sehr einschränken. Ob solche Kommissionen, in welcher Zusammensetzung auch immer, sach- und zeitnah den Willen des Erblassers umsetzen und abbilden, ist genauso wenig garantiert und öffnet neue Unsicherheiten, die es gerade zu vermeiden gilt.
Dem Rechtsnachfolger steht natürlich noch immaterieller Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG zu; hier begegnet uns ein besonders geregelter Fall des § 253 Abs. 1 BGB. Auch hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Schließlich können die Angehörigen des Urhebers in Ausnahmefällen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Urhebers gegen den Rechtsnachfolger vorgehen, wenn er z. B. dessen Ehre schwerwiegend verletzt. Wie bereits erwähnt, kann der Urheber gewillkürte Beschränkungen vornehmen durch Ernennung eines Testamentsvollstreckers bzw. per Auflagen. Beispielsweise hatte der Schriftsteller Hermann Hesse angeordnet, dass seine Werke nicht verfilmt werden dürften. Daran sind sein Verlag und auch seine Erben gebunden. Der Rechtsnachfolger ist mithin an bestehende Rechtseinräumungen genauso gebunden wie sein Vorgänger oder der Urheber selbst. Hält er sich daran nicht, macht er sich schadensersatzpflichtig.
Die Nachfolge in Rechtspositionen wird gewiss immer eine Fiktion bleiben. Der oder die Erben müssen jedoch generell die Möglichkeit haben, mit ihrem Erbe als Berechtigte ad libitum umzugehen; insofern kann mE auch für die Vererbung von Urheberrechten nichts anderes gelten.