Leitsatz
Die Voraussetzungen des groben Undanks liegen nicht vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte einen nach Grund und Höhe rechtsfehlerfrei festgestellten Pflichtteil gemäß § 2303, § 1371 Abs. 1 BGB verlangt und damit von einem gesetzlichen Recht Gebrauch macht.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Oktober 2009 – 3 U 22/09
Sachverhalt
Der Kläger verlangt den Pflichtteil nach dem Ableben seiner 2002 verstorbenen Mutter. Der Beklagte ist der Vater des Klägers und Alleinerbe der Verstorbenen. (...)
Mit notariellen Vertrag vom 19.12.2003 habe er an den Kläger ein Grundstück im Gesamtwert von 480.000 EUR zu einem Preis von 200.216 EUR veräußert. Das Entgelt sei vertragsgemäß dadurch entrichtet worden, dass der Kläger "in Anrechnung auf den Kaufpreis" die persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der GmbH übernommen habe, die durch Grundpfandrechte an den veräußerten Grundstücken gesichert waren. Weil der Kläger und seine Frau aber zusammen 50% der GmbH Anteile gehalten hätten, sei die Haftungsübernahme anteilig dem Kläger selbst zugute gekommen. Zudem habe der Beklagte seinen eigenen Gesellschaftsanteil von 50% mit Vertrag vom selben Tag für einen Euro auf den Kläger übertragen. (...)
Der Beklagte ist der Auffassung, dass wegen der dem Kläger zugewandten Vermögenswerte die Geltendmachung des Pflichtteils grober Undank sei und den Widerruf der Schenkung rechtfertige. (...) Der Kläger bestreitet (...). Dass mit der Veräußerung der Grundstücke und der Übertragung der GmbH Anteile ein Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch einhergehe, sei gerade nicht vereinbart worden. Weder sei ein dahin gehendes vertrauen begründet worden, noch sei der Beklagte schutzwürdig, nachdem er sich vor Abschluss der Vertäge mit seinem Steuerberater beraten habe. (...)
Aus den Gründen
(...) Die Berufung hätte aber in der Sache keinen Erfolg. (...) Nicht bewiesen sind auch die Voraussetzungen groben Undanks im Sinne von § 530 BGB (...). (...) Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Landgerichts, der Beklagte habe weder die Voraussetzungen des groben Undanks (...) bewiesen.
Grober Undank iSv § 530 BGB kommt bei einer schweren Verfehlung in Betracht, die objektiv ein gewisses Maß an Schwere und subjektiv eine tadelnswerte Gesinnung des Beschenkten voraussetzt und die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker redlicherweise erwarten kann. Grundsätzlich gilt dabei, dass der Beschenkte durch eine Schenkung nicht gehindert ist, ihm von der Rechtsordnung gewährte Befugnisse auszuüben und eigene Rechte wahrzunehmen. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn der Schenker durch die Geltendmachung eines Rechts in besonders schwerem Maß nachhaltig betroffen würde oder besondere Umstände hinzutreten, der Beschenkte etwa aus einer feindlichen Gesinnung heraus handelt. Maßgeblich ist stets eine Gesamtwürdigung der Beweggründe und Begleitumstände von Zuwendung und Widerruf (Staudinger/Wimmer-Leonhardt, BGB, 13. Auflage 2005, § 530 Rn 8, 9, 18).
Danach sind hier die Widerrufsvoraussetzungen nicht bewiesen. Der Kläger verlangt einen nach Grund und Höhe rechtsfehlerfrei festgestellten Pflichtteil gemäß § 2303, § 1371 Abs. 1 BGB und macht damit von einem gesetzlichen Recht Gebrauch. Was die Zuwendung betrifft, ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Parteien unterschiedlichen Angaben zu den Motiven und Hintergründen der Verträge vom 19.Dezember 2003 gemacht haben, ohne dass die Version des Klägers von einer Firmenübergabe und -weiterführung bei schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen widerlegt worden wäre. Im Übrigen findet sich in den notariellen Urkunden kein Hinweis auf das Pflichtteilsrecht und dessen Abgeltung, obwohl der Beklagte vor Abschluss der Verträge mit seinem Steuerberater Rücksprache genommen hatte und der Erbfall nach dem Ableben seiner Frau in beiden Vertragurkunden ausdrücklich erwähnt wird. Vor diesem Hintergrund ist nicht festzustellen, dass die Geltendmachung des Pflichtteils eine schwere Verfehlung gegenüber dem Beklagten begründen würde.
Eingesendet von Jan Bittler, Rechtsanwalt und FAErbR, Heidelberg