Im zivilrechtlichen Sinn bedeutet Eigentum das umfassendste Herrschafts- und Nutzungsrecht einer Person über eine Sache (vgl. § 903 BGB). Es existieren jedoch auch andere Rechtspositionen, wie beispielsweise persönliche Dienstbarkeiten oder das Anwartschaftsrecht, die ihren Inhabern eine ähnliche wirtschaftliche Stellung wie dem zivilrechtlichen Eigentümer verschaffen.
Der II. Senat nahm bisher zweimal, in den Jahren 2014 und 2017, zum Begriff "Eigentum" in § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG Stellung und legte ihn stets zivilrechtsakzessorisch aus. Weder der Erwerb eines dinglichen Wohnungsrechts noch eines Anwartschaftsrechts erfülle den Tatbestand der Steuerbefreiung.
Zur Begründung seiner Entscheidung verwies der II. Senat in beiden Fällen auf die Systematik der Norm. Die Sätze 2, 3 ordnen bei "Übertragung" des begünstigten Vermögens den Wegfall der Steuerbefreiung an. Das dingliche Wohnungsrecht ist als beschränkte persönliche Dienstbarkeit jedoch nicht übertragbar (§ 1092 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Systematik der Sätze 2, 3 spreche daher gegen die Einbeziehung von Wohnungsrechten in den erbschaftsteuerrechtlichen Eigentumsbegriff. Auf die Tatsache, dass Anwartschaftsrechte übertragbar sind, ging das Gericht jedoch nicht ein. Dem Senat zufolge habe § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG zudem einen "eindeutigen Wortlaut", der für die zivilrechtliche Bedeutung des Begriffs "Eigentum" spreche. Inwiefern der Wortlaut eindeutig sei, begründet das Gericht allerdings nicht näher.
Auch eine teleologische Extension oder eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG auf andere dingliche Rechte sei nicht möglich. Die Steuerbefreiung diene dem Erhalt der Substanz des Immobilienvermögens innerhalb der familiären Lebensgemeinschaft und dieser Zweck werde nur bei der Übertragung zivilrechtlichen Eigentums erreicht. Die enge Auslegung verfolgt zudem das Ziel, die Verfassungsmäßigkeit der Steuerbefreiung durch eine restriktive Handhabung zu wahren.
Im Jahr 2019 führte der II. Senat diese Rechtsprechung in sich konsequent fort. Unter Verweis auf die Systematik und das Telos der Norm entschied er, dass die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 5 ErbStG entfalle, wenn ein Berechtigter zunächst Eigentum erwirbt, dieses dann aber an seine Kinder überträgt und im Gegenzug ein dingliches Wohnungsrecht erhält.