Die Legaldefinition des Familienheims umfasst zwei Begriffe, die zivilrechtlich vorgeprägt sind: Eigentum und Grundstück. Die Begriffe Eigentum und Grundstück werden für beide Steuerbefreiungen identisch ausgelegt. Dem Rechtsanwender stellt sich die Frage, ob diese Begriffe ihren zivilrechtlichen Bedeutungsgehalt im Rahmen des § 13 ErbStG behalten oder ob sie wirtschaftlich-teleologisch eigenständig sind.
1. Der Begriff "Eigentum" in § 13 Abs. 1 Nr. 4b, c ErbStG
Im zivilrechtlichen Sinn bedeutet Eigentum das umfassendste Herrschafts- und Nutzungsrecht einer Person über eine Sache (vgl. § 903 BGB). Es existieren jedoch auch andere Rechtspositionen, wie beispielsweise persönliche Dienstbarkeiten oder das Anwartschaftsrecht, die ihren Inhabern eine ähnliche wirtschaftliche Stellung wie dem zivilrechtlichen Eigentümer verschaffen.
Der II. Senat nahm bisher zweimal, in den Jahren 2014 und 2017, zum Begriff "Eigentum" in § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG Stellung und legte ihn stets zivilrechtsakzessorisch aus. Weder der Erwerb eines dinglichen Wohnungsrechts noch eines Anwartschaftsrechts erfülle den Tatbestand der Steuerbefreiung.
Zur Begründung seiner Entscheidung verwies der II. Senat in beiden Fällen auf die Systematik der Norm. Die Sätze 2, 3 ordnen bei "Übertragung" des begünstigten Vermögens den Wegfall der Steuerbefreiung an. Das dingliche Wohnungsrecht ist als beschränkte persönliche Dienstbarkeit jedoch nicht übertragbar (§ 1092 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Systematik der Sätze 2, 3 spreche daher gegen die Einbeziehung von Wohnungsrechten in den erbschaftsteuerrechtlichen Eigentumsbegriff. Auf die Tatsache, dass Anwartschaftsrechte übertragbar sind, ging das Gericht jedoch nicht ein. Dem Senat zufolge habe § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG zudem einen "eindeutigen Wortlaut", der für die zivilrechtliche Bedeutung des Begriffs "Eigentum" spreche. Inwiefern der Wortlaut eindeutig sei, begründet das Gericht allerdings nicht näher.
Auch eine teleologische Extension oder eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG auf andere dingliche Rechte sei nicht möglich. Die Steuerbefreiung diene dem Erhalt der Substanz des Immobilienvermögens innerhalb der familiären Lebensgemeinschaft und dieser Zweck werde nur bei der Übertragung zivilrechtlichen Eigentums erreicht. Die enge Auslegung verfolgt zudem das Ziel, die Verfassungsmäßigkeit der Steuerbefreiung durch eine restriktive Handhabung zu wahren.
Im Jahr 2019 führte der II. Senat diese Rechtsprechung in sich konsequent fort. Unter Verweis auf die Systematik und das Telos der Norm entschied er, dass die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 5 ErbStG entfalle, wenn ein Berechtigter zunächst Eigentum erwirbt, dieses dann aber an seine Kinder überträgt und im Gegenzug ein dingliches Wohnungsrecht erhält.
2. Der Begriff "Grundstück" in § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG
In letzter Zeit gewinnt die Auslegung des Begriffs "Grundstück" in § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG zunehmend an Relevanz. 2018 kam es diesbezüglich zu gleich zwei Finanzgerichtsentscheidungen. Im Zivilrecht wird unter dem Begriff "Grundstück" ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist, verstanden. Bei teleologisch-wirtschaftlicher Auslegung könnte man auch mehrere grundbuchrechtliche Grundstücke, die nach der Verkehrsauffassung eine wirtschaftliche Einheit bilden, als ein Grundstück definieren. In diesem Fall wären beispielsweise Gärten auch dann von der Steuerbefreiung erfasst, wenn sie grundbuchrechtlich ein eigenes Grundstück bilden. Syste...