I. Einführung
In seinem Beschluss vom 24.2.2021 hat der BGH angenommen, dass die Parteien eines gemeinschaftlichen Testaments für dessen Bindungswirkung auf der Grundlage der EuErbVO konkludent deutsches Recht gewählt haben und dass die Bindungswirkung nach deutschem Recht späteren Verfügungen der Erblasserin entgegensteht (II.). Die EuErbVO war jedoch nicht anwendbar (III.). Darüber hinaus hat der BGH eine konkludente Rechtswahl zu Unrecht angenommen (IV.).
II. Sachverhalt und Verfahren
1. Sachverhalt
Der Beschluss des BGH erging aufgrund einer Rechtsbeschwerde im Rahmen eines Erbscheinverfahrens. Die am 22.5.2017 in Deutschland verstorbene deutsche Erblasserin hatte mit Testamenten von 2011 und 2013 zugunsten der Antragsteller und Beteiligten zu 1 und 2 verfügt. Allerdings hatte sie bereits 1996 gemeinsam, wenn auch in getrennten Urkunden, mit ihrem österreichischen Ehemann, den sie 1995 geheiratet hatte und mit dem sie im gleichen Jahr aus Österreich nach Deutschland übergesiedelt war, zugunsten der Beteiligten zu 3, 4, 5 und 6 verfügt. Der Ehemann ist 2003 verstorben.
Das handschriftliche Testament der Erblasserin aus 1996 war im Wesentlichen wortgleich mit einem am gleichen Tag vom Ehemann der Erblasserin errichten Testament. Die Eheleute setzten sich gegenseitig zu Alleinerben und die Beteiligten zu 3, 4, 5 und 6 als "Schlusserben" ein. Weiter bestimmten sie: "Die hier getroffene Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung, Schlusserbeneinsetzung u. Vermächtnisanordnung) sind wechselseitig verbindlich. Sie können zu unserer beider Lebzeiten nur gemeinschaftlich aufgehoben werden. Nach dem Tod eines von uns beiden ist der überlebende Ehegatte nicht mehr berechtigt, die Erbeinsetzungen und Vermächtnisanordnung abzuändern."
2. Verfahren
Es war damit darüber zu entscheiden, ob das Testament von 1996 den Testamenten von 2011 und 2013 vorgeht. Das AG (Nachlassgericht) Laufen hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 mit der Begründung zurückgewiesen, die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments von 1996 stehe den späteren Verfügungen entgegen. Es könne offenbleiben, ob sich die Bindungswirkung nach deutschem oder österreichischem Recht richte, da es den Ehegatten auch nach österreichischem Recht offengestanden hätte, "durch ausdrückliche Anordnung ihren Verfügungen von Todes wegen Bindungswirkung zu verleihen".
Die dagegen gerichtete Beschwerde machte unter anderem geltend, nach österreichischem Recht, das "[j]edenfalls für M" (den Ehegatten) anwendbar sei, scheide eine Bindungswirkung aus. Das OLG München wies die Beschwerde jedoch zurück. Es prüfte insbesondere die Zulässigkeit, die formelle und die materielle Wirksamkeit sowie die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments. Für jede dieser Fragen bestimmte es das anwendbare Recht. Dieses sei gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 83 EuErbVO auf der Grundlage der EuErbVO zu bestimmen. Das OLG bejahte die Zulässigkeit, die formelle und die materielle Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments, das im Sinne der EuErbVO als Erbvertrag anzusehen sei, nach deutschem Recht, das aufgrund objektiver Anknüpfung über Art. 83 Abs. 3 Alt. 1 EuErbVO gemäß Art. 25 Abs. 2 UAbs. 2 bzw. Art. 27 Abs. 1 lit. a EuErbVO anwendbar sei, da, soweit es um die formelle Wirksamkeit geht, die Ehegatten das Testament in Deutschland errichtet hätten und sie im Übrigen bei Errichtung des Testaments beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt hätten.
Anders als das AG war das OLG der Ansicht, die Frage des auf die Bindungswirkung anwendbaren Rechts könne nicht offenbleiben, da das gemeinschaftliche Testament nach österreichischem Recht keine Bindungswirkung ...