Ertragsteuerliche Regelungen, jedenfalls soweit sie das Betriebsvermögen (i.S.v. § 12 Abs. 5 ErbStG) betreffen, haben auch ggf. unmittelbare Auswirkungen für die Erbschaftsteuer, im Hinblick auf die verlängerte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz und die an die Bestandsidentität von Betriebsvermögen im ErbStG mit dem Betriebsvermögen im EStG anknüpfende Begünstigungsfähigkeit von Betriebsvermögen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG; §§ 95, 99 BewG; §§ 12 Abs. 5, 13a und b ErbStG).
Einzelne Fälle betreffen die ungewollte Entnahme von Sonderbetriebsvermögen bei qualifizierter Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft:
1. Beispiel:
Der Erblasser ist an einer Kommanditgesellschaft beteiligt, bei der aufgrund qualifizierter Nachfolgeklausel nur Abkömmlinge in die Beteiligung eines verstorbenen Gesellschafters einrücken können. Er hält zugleich ein Grundstück in seinem Privatvermögen, das von der Gesellschaft für Produktionszwecke genutzt wird und deshalb ertragsteuerlich in seiner Sonderbilanz als Sonderbetriebsvermögen I erfasst ist. In seinem Testament setzt er die Ehefrau und die einzige Tochter zu Miterben von je ½ ein und ordnet an, dass die Tochter durch Vorausvermächtnis i.S.d. § 2150 BGB die gesamte Kommanditbeteiligung und das Sonderbetriebsvermögen erhält.
Aufgrund der Sondererbfolge bei qualifizierter Nachfolgeklausel fällt die Kommanditbeteiligung an der Miterbengemeinschaft vorbei unmittelbar an die Tochter als einzig qualifizierte Nachfolgerin. Das Grundstück im (begrifflich zivilrechtlich nicht existenten) Sonderbetriebsvermögen wird dagegen zunächst im Wege des Durchgangserwerbs von der Erbengemeinschaft erworben, bevor es erst eine logische Sekunde später aufgrund des im deutschen Erbrecht bloß schuldrechtlich wirkenden (Voraus-)Vermächtnisses ausschließlich an die Tochter weitergeleitet wird. Für eine logische Sekunde kommt es deshalb zum Auseinanderfallen von Gesellschaftsbeteiligung und Sonderbetriebsvermögen i.H.v. 50 v.H. Da das Sonderbetriebsvermögen aber Teil des gesamten Mitunternehmeranteils ist, kommt es aufgrund der steuerlich unvermeidbaren Zwangsentnahme des Sondervermögens in das Privatvermögen zu einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.H.v. 50 v.H., weil das Sonderbetriebsvermögen eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Trotz der Lösung des ertragsteuerlich relevanten Betriebsvermögenszusammenhangs beim Vermögensübergang bleibt es ertragsteuerlich – wohl nicht zuletzt aus Billigkeitserwägungen – beim (teilweisen) Übergang eines Mitunternehmeranteils ohne Betriebsaufgabe und werden deshalb für die Gesellschaftsbeteiligung auch im ErbStG die Qualifikation als Betriebsvermögen nach § 12 Abs. 5 ErbStG und die Begünstigungen nach §§ 13a, 19a ErbStG noch gewährt.
Als richtige Gestaltung muss man den qualifizierten Erben zum Alleinerben einsetzen und die übrigen Berechtigten durch einfache Vermächtnisse berücksichtigen. Ersatzweise – aber unsicherer – hätte der durch die qualifizierte Nachfolgeklausel Begünstigte ab dem Tod des Erblassers eine so starke Rechtsstellung in Bezug auf das ihm durch Vorausvermächtnis zugewandte Sonderbetriebsvermögen erlangen müssen, dass er das Sonderbetriebsvermögen bereits als wirtschaftlicher Eigentümer hätte nutzen können.
2. Beispiel:
Im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters einer Besitz-KG befinden sich Anteile an der Betriebs-GmbH. Nach dem Gesellschaftsvertrag der KG sind nur Abkömmlinge als Nachfolger qualifiziert. Der verheiratete Erblasser verstirbt, unter Hinterlassung auch zweier gemeinsamer Kinder. Die Ehefrau, nicht qualifiziert nach dem Gesellschaftsvertrag, schlägt gegen eine Abfindung unter dem Buchwert (alternativ darüber) aus. Die Ausschlagung gegen Abfindung führt bei ihr nicht zu Veräußerungsgewinnen wegen der bei § 16 EStG geltenden Einheitstheorie. Sie schlägt im Ergebnis unentgeltlich aus, auch wenn ihre Ausschlagung als Erbteilsveräußerung fingiert wird. Ihr Durchgangserwerb würde bei Ausschlagung wegen § 1953 BGB zivilrechtlich entfallen. In der Finanzrechtsprechung wird z.T. eine wirtschaftliche Betrachtungsweise und eine entsprechende Rückwirkung der Ausschlagung gegen Abfindung auf den Tod verneint und deshalb eine Gewinnrealisierung wegen Zwangsentnahme aufgrund Zwischenerwerbs der nichtqualifizierten ersten gesetzlichen Erben vor ihrer Ausschlagung unterstellt.
Würde "der Durchgangserwerb in der logischen Sekunde" insgesamt, also nicht nur bei § 17, sondern auch bei § 15 EStG bedeutungslos, könnte man von einem Gleichlauf von Gesellschaftsbeteiligungen und Sonderbetriebsvermögen ausgehen, allein weil nach dem tatsächlich Gewollten der Enderwerber ein und dieselbe Person, nämlich der Vermächtnisnehmer, ist. Entsprechend entfiele jede Lösung des Betriebsvermögenszusammenhangs.