Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Zulässigkeit der Klage ergibt sich aus dem berechtigten Interesse der Klägerin, den mit dem Eintritt der gesetzlichen Erbfolge einhergehenden Zuwachs i.S.d. § 2032 Abs. 1 BGB ihrer vom Beklagten bestrittenen Rechtsposition festgestellt zu wissen, weil sie hierdurch am Kaufpreis mitberechtigt wird gem. § 2041 BGB.
Die Klage ist begründet. Die Klägerin ist zusammen mit dem Beklagten Miterbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge gem. den §§ 1922, 1924 Abs. 1 BGB im tenorierten Umfang. Das die Klägerin von der Erbfolge ausnehmende, formwirksame Testament vom 15.12.2002 hat diese durch Anfechtungserklärung gem. § 2081 Abs. 1 BGB gegenüber dem AG Wuppertal als zuständigem Nachlassgericht durch Schreiben vom 2.11.2021 wirksam angefochten. Insbesondere erfolgte die Anfechtung innerhalb der Jahresfrist des § 2082 Abs. 1, Abs. 2 BGB, nachdem die Klägerin Mitte des Jahres 2021 von der Veräußerung der Immobilie durch den Beklagten erfahren hat.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anfechtungsgrund aus § 2078 Abs. 2 Var. 1 BGB liegt zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor (§ 286 ZPO). Hiernach kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, wenn der Erblasser diese in der irrigen Annahme oder Erwartung des Eintritts eines Umstands errichtete. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die positive Vorstellung der Erblasserin, der Beklagte werde das Haus erhalten, wenn er Alleinerbe wird, war ein Motiv i.S.d. § 2078 Abs. 2 BGB, das für die Verfügung der Erblasserin im Testament vom 15.12.2002 bestimmend war (vgl. MüKo-BGB/Leipold, 9. Aufl., § 2078 Rn 28). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Beklagte das Haus dann auch nicht verkaufen werde. Diese subjektive Erwartung, die auch als unbewusste Erwartung vom Anfechtungstatbestand erfasst wäre (vgl. BGHZ 4, 91, 94 f.), findet im Testament sogar eine klare Stütze: Die Erhaltung des Hauses hat die Erblasserin wörtlich verbunden mit der Erwägung, dass sie das Haus nicht verschleudert sehen wolle. Darin kommt zum Ausdruck, dass das Haus in der Familie bleiben und nicht verkauft werden sollte. Die irrige Annahme der von der Erblasserin vorausgesetzten Entwicklung muss zwar nicht im Testament zum Ausdruck kommen, um anfechtbar zu sein (vgl. MüKo-BGB/Leipold,a.a.O., Rn 38); hier liefert die wortgetreue Erklärung dazu im Testament aber den Beweis, dass sich die Erblasserin von dieser Vorstellung bestimmend leiten ließ (vgl. BGH NJW 1965, 584; KG NJW 2011, 903, 906).
Die an die konkrete Regelung der Erbfolge geknüpfte (subjektive) Erwartung der Erblasserin hat sich (objektiv) nicht erfüllt. Aus diesem Grund war die Klägerin zur Anfechtung berechtigt. Nach der weiten Formulierung des § 2078 Abs. 2 1. Var. BGB berechtigt jeder Motivirrtum zur Anfechtung. Das Vertrauen eines Bedachten an der Aufrechterhaltung einer testamentarischen Verfügung ist nicht schutzwürdig. Der Irrtum kann sich auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige Umstände beziehen (OLG Köln FamRZ 1990, 1038, 1039). Unerheblich ist, ob der Erblasser oder ein Dritter Einfluss auf diese Umstände hat, ebenso, auf welche Weise der Irrtum entstanden ist (MüKo-BGB/Leipold, 9. Aufl., § 2078 Rn 37). Der Irrtum kann sich auf Umstände aller Art beziehen, insb. auch auf das zukünftige Verhalten des Bedachten (BGHZ 4, 91, 95; BGH NJW 1963, 246). Für die mit einer Verfügung verbundene Erwartung i.S.d. § 2078 Abs. 2 BGB gilt nichts anderes (Olzen/Looschelders, Erbrecht, 6. Aufl., § 6 Rn 685 ff., m.w.N.). Die hiernach wirksame Anfechtung wirkt auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung zurück und führt zur gewillkürten Erbfolge.
Die vom Beklagten dagegen erhobenen Einwände, die Beziehung zwischen der Erblasserin und der Klägerin sei schlecht gewesen, greift hiergegen nicht durch. Darauf, wie sich die Beziehung nach der Testierung im Dezember 2002 entwickelt hat, kommt es hier nicht an; jedenfalls hat diese Entwicklung nicht dazu geführt, dass die Erblasserin neu verfügt hat. Der vom Beklagten im Schriftsatz vom 29.9.2022 behauptete Vorfall im Zeitraum davor, in den Jahren 1987/1988, ist in den Prozessschriftsätzen weder verschriftlicht noch im Termin vorgetragen worden, obwohl hierzu Gelegenheit geboten wurde. Eine Beweisaufnahme hierzu wäre deshalb schon aus diesem Grund unzulässig.
In der letztwilligen Verfügung selbst findet die Annahme eines persönlichen Motivs der Erblasserin für die getroffene Regelung aber auch keine Entsprechung. Hiernach sollte die Enterbung gerade keine Bestrafung oder Benachteiligung sein. Insbesondere unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten im Schriftsatz vom 4.11.2022, dass die Erblasserin Volljuristin war, lässt diese Passage des Testaments keinen Raum für die Annahme, dass die dort getroffene Entscheidung auf Enttäuschungen im zwischenmenschlichen Bereich beruht. Sie ist vielmehr nach der Vorstellung der Erblasserin im Errichtungszeitpunkt der einzige Weg, ihr Motiv umzusetzen, dass das Haus in der Familie bleibt. Durch die Offenlegung ...