Leitsatz
Die Ausnahmevorschrift des § 352a Abs. 2 S. 2 FamFG, wonach "die Angabe der Erbteile … nicht erforderlich (ist), wenn alle Antragsteller in dem Antrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten", findet nach ihrem Sinn und Zweck keine Anwendung, wenn der Erblasser eindeutige und zweifelsfreie Bestimmungen zu den Erbquoten getroffen hat, die ohne Weiteres in den Erbscheinsantrag übernommen werden können, und kein Grund vorliegt, von der Angabe der Erbquote abzusehen.
OLG Celle, Beschl. v. 23.10.2023 – 6 W 116/23
1 Gründe
I.
Der Beteiligte zu 11 erstrebt einen quotenlosen Erbschein, der die Beteiligten zu 1 – 10 als Miterben ausweist. Der am 25.12.1926 geborene und am 3.1.2021 verstorbene Erblasser war seit dem 27.12.2016 verwitwet. Er hatte keine Kinder und hinterließ zwei Verfügungen von Todes wegen:
1. Mit eigenhändig geschriebener und unterschriebener Erklärung vom 4.6.1959 (Bl. 5 der Testamentsakten 13 IV 669/19 AG Winsen) setzte der Erblasser seine Ehefrau als Alleinerbin ein. Auf demselben Blatt setzte mit eigenhändig geschriebener und unterschriebener Erklärung vom 15.12.1959 seine Ehefrau ihn als Alleinerben ein.
2. Mit notariellem Testament vom 13.8.2019 (Bl. 24 – 28 der Testamentsakten) bestimmte der Erblasser:
Zitat
"… II. Erbeinsetzung Zu meinen Erben setze ich folgende Personen und Vereine ein:"
1. (Die Beteiligte zu 1) soll einen Erbanteil von EUR 80.000,00 erhalten.
2. (Die Beteiligte zu 2) soll einen Erbanteil von EUR 50.000,00 erhalten.
3. (Die Beteiligte zu 3) soll einen Erbanteil von EUR 50.000,00 erhalten.
4. (Die Beteiligte zu 4) soll einen Erbanteil von EUR 50.000,00 erhalten.
5. (Die Beteiligte zu 5) soll einen Erbanteil von EUR 20.000,00 erhalten.
Sollte einer der unter den Nrn. 1 – 5 benannten Erben vorversterben, so erhalten die übrigen vier Erben diesen Anteil jeweils in gleicher Höhe.
6. (Die Beteiligte zu 6) soll einen Erbanteil von EUR 6.000,00 erhalten.
7. (Der Beteiligte zu 7) soll einen Erbanteil von EUR 6.000,00 erhalten.
Für den Fall des Vorversterbens eines der unter 6. und 7. aufgeführten Ehepartner fällt der Anteil des vorverstorbenen auf den überlebenden Ehepartner.
8. (Der Beteiligte zu 8) soll einen Erbanteil von EUR 3.000,00 erhalten
9. (Der Beteiligte zu 9) soll einen Erbanteil von EUR 3.000,00 erhalten.
10. (Der Beteiligte zu 10) soll einen Erbanteil von EUR 2.000,00 erhalten.
Der Testamentsvollstrecker soll für die ordnungsgemäße Aufteilung dieses Vermögens Sorge tragen.
III. Vermächtnisse
Nach Abzug der Kosten für Gebühren und Honorare soll der verbleibende Restbetrag jeweils zu 1/3 als Vermächtnis an folgende Institutionen fließen, wobei auch das Testamentsvollstreckerhonorar zuvor in Abzug zu bringen ist:
1. …
2. …
3. …
Diese Vermächtnisse setzen sich im Wesentlichen aus dem Wert des Verkaufs des Hauses zusammen, soweit der Erlös nicht anderweitig benötigt wird.
IV. Testamentsvollstreckung
Ich ordne Testamentsvollstreckung an.
Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich den Nachlasspfleger und Nachlassverwalter (Beteiligten zu 11) … Die Vergütung des Testamentsvollstreckers soll auf der Grundlage der "Neuen Rheinischen Tabelle" erfolgen. …“
Das AG erteilte dem Beteiligten zu 11 das Testamentsvollstreckerzeugnis vom 7.9.2021 zu 13 VI 155/21 (Bl. 8 d. A.). Mit notarieller Urkunde vom 23.12.2021 (Bl. 3 d. A.) hat der Beteiligte zu 11 zunächst die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die drei Vermächtnisnehmer als Miterben zu je 1/3 ausweist. Diesen Antrag hat das AG mit der Begründung zurückgewiesen, der Erblasser habe eindeutig zwischen Erbeinsetzungen und Vermächtnissen unterschieden und es sei kein Wille erkennbar, dass die Vermächtnisnehmer Erben sein sollten (Bl. 9, 24 d. A.). Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 11 verwarf der Senat mit Beschl. v. 13.10.2022 zu 6 W 123/22 (Bl. 49 f. d. A.) als unzulässig mit der Begründung, die einmonatige Beschwerdefrist sei bei Eingang der Beschwerdeschrift bereits abgelaufen gewesen.
Der Beteiligte zu 11 hat mit notarieller Urkunde vom 21.3.2023 (Bl. 65 ff. d. A.) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die Beteiligten zu 1 – 10 quotenlos als Miterben ausweist. Das AG hat den Antrag mit Verweis auf die Entscheidungen des OLG Bremen zu 5 W 15/20 und des OLG Frankfurt am Main zu 21 W 175/21 sowie der Begründung zurückgewiesen, es fehle die erforderliche Zustimmung aller Miterben (Beschl. v. 20.7.2023, Bl. 69, 71 d. A.).
Mit der Beschwerde wendet der Beteiligte zu 11 ein, die Zustimmung aller Miterben sei zur Erteilung eines quotenlosen Erbscheins nicht erforderlich, weil § 352a Abs. 2 S. 2 FamFG nur verlange, dass der Antragsteller auf die Aufnahme der Erbquoten in den Erbschein verzichte (OLG Hamm, Beschl. v. 27.7.2022 – 10 W 12/22).
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Es sind nicht die Tatsachen für festgestellt zu erachten (§ 352e Abs. 1 S. 1 FamFG), die erforderlich sind, dem Beteiligten zu 11 den mit notarieller Urkunde vom 21.3.2023 beantragten Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 1 – 10 ohne Angabe von Erbquoten...