Leitsatz
1. Werden Wirtschaftsgüter zur Abgeltung eines rechtsgeschäftlich begründeten Anspruchs, mit dem bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft der sich bis dahin ergebende Zugewinn ausgeglichen werden soll, übertragen, handelt es sich um einen (objektiv) unentgeltlichen Vorgang und um eine freigebige Zuwendung iSd § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (Rn 12).
2. Der Verzicht auf eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht entstandene, möglicherweise erst zukünftig entstehende Ausgleichsforderung stellt keinen in Geld bewertbaren Vermögenswert dar, sondern verkörpert allenfalls eine bloße Erwerbschance, die nicht in Geld veranschlagt werden kann und deshalb nach § 7 Abs. 3 ErbStG bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht zu berücksichtigen ist (Rn 16).
BFH, Urteil vom 28. Juni 2007 – II R 12/06
Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schloss mit ihrem Ehemann am 27. Dezember 1999 einen Ehe- und Erbvertrag. Hierin vereinbarten sie u. a., dass der Ehemann zum Ausgleich des für die Zeit bis einschließlich 31. Dezember 1999 erwirtschafteten Zugewinns verpflichtet sein sollte, der Klägerin einen Geldbetrag in Höhe von 310.000 DM, fällig in zwei gleichen Teilbeträgen von jeweils 155.000 DM am 15. März 2000 und 2001, zu zahlen sowie ein Grundstück und Miteigentumsanteile an weiteren Grundstücken zu übertragen. Die Auflassung wurde erklärt und die Eintragung in das Grundbuch bewilligt und beantragt. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft wurde nicht beendet, sondern in der Weise modifiziert, dass im Falle der Scheidung kein weiterer Ausgleich erfolgen und bei Beendigung des Güterstandes durch Tod eines Ehegatten bestimmte Vermögensteile unberücksichtigt bleiben sollten.
Mit – weiterer – Urkunde vom 27. Dezember 1999 übertrug der Ehemann schenkweise aus seiner Beteiligung an einer KG einen Anteil im Nominalwert von 60.000 EUR mit Wirkung zum 31. Dezember 1999, 24.00 Uhr auf die Klägerin; sämtliche Gesellschaftsrechte sollten der Klägerin ab 1. Januar 2000 zustehen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA –) sah in der Übertragung der Grundstücke und der Zahlung des Geldbetrags freigebige Zuwendungen. Er setzte wegen dieser Zuwendungen mit Änderungsbescheid vom 8. Juli 2004 die Steuer auf 0 DM fest, da der Wert der Zuwendungen den Freibetrag nicht überstieg. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Mit weiterem Bescheid vom 12. Juli 2004 setzte das FA wegen der Übertragung des Kommanditanteils gegen die Klägerin Schenkungsteuer in Höhe von 87.090 DM (= 44.528,41 EUR) fest. Es berücksichtigte dabei den Wert des Kommanditanteils mit 1.010.226 DM und zog davon gemäß § 13 a Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der bei der Entstehung der Steuer geltenden Fassung (ErbStG) 405.448 DM ab. Die Übertragung der Grundstücke sowie die Zuwendung des Geldbetrages laut Ehe- und Erbvertrag berücksichtigte es als Vorerwerbe in Höhe von 575.890 DM.
Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage, mit der die Klägerin sich gegen die Einbeziehung der zum Ausgleich des Zugewinns bewirkten Leistungen (Geldbetrag und Grundstücke) als Vorerwerbe wandte, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah zwar in der Übertragung der Kommanditbeteiligung auf die Klägerin eine freigebige Zuwendung iSd § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, lehnte jedoch die Berücksichtigung der Übertragung der Grundstücke sowie der Zuwendung des Bargeldbetrages laut Ehe- und Erbvertrag als Vorerwerbe gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG ab. Diese stünden wegen des im Ehevertrag erklärten Verzichts auf den bis einschließlich 31. Dezember 1999 entstandenen Zugewinn in einem synallagmatischen Austauschverhältnis und seien daher keine freigebigen Zuwendungen iSd § 7 Abs. 1 ErbStG. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1711 veröffentlicht.
Mit der Revision macht das FA u. a. Verletzung von § 14 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 ErbStG geltend. Das FG habe zu Unrecht die Zuwendung der zum Ausgleich des vereinbarten Zugewinnausgleichsanspruchs übertragenen Wirtschaftsgüter nicht als freigebige Zuwendung angesehen und bei der Steuerberechnung daher nicht als Vorerwerb iSd § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG berücksichtigt.
Aus den Gründen
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Einspruchsentscheidung sowie zur Herabsetzung der festgesetzten Steuer (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Auffassung des FG, die Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die Klägerin aufgrund des Ehe- und Erbvertrages vom 27. Dezember 1999 stelle keine freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) dar, weshalb eine Zusammenrechnung der insoweit angefallenen Vermögensvorteile nach § 14 ErbStG ausscheide, kann sich der Senat nicht anschließen.
Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB –). Im Streitfall ...