Leitsatz
Ablehnung einer Volljährigenadoption, bei der steuerliche Motive im Vordergrund stehen
OLG München, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 31 Wx 49/08
Sachverhalt
Mit notarieller Urkunde vom 18.6.2007 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Annahme des Beteiligten zu 1 (geb. 1972) als Kind durch die Beteiligte zu 2 (geb. 1935), seine Tante. Die Beteiligte zu 3 ist dessen Ehefrau, die ihre Einwilligung zur beantragten Adoption erteilt hat. Das Amtsgericht erholte für beide Antragsteller Auskünfte aus dem Bundeszentralregister, forderte hinsichtlich einer sich hieraus ergebenden rechtskräftigen Verurteilung der Beteiligten zu 2 wegen Steuerhinterziehung die entsprechenden Strafakten an, erholte für die Beteiligte zu 2 betreffende Grundbuchauszüge und hörte die Beteiligten zu 1 und 2 am 28.9.2007 sowie am 23.11.2007 persönlich an. Mit Beschluss vom 23.11.2007 lehnte es die Adoption des Beteiligten zu 1 durch die Beteiligte zu 2 ab.
Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 2 am 10.12.2007 Beschwerde ein. Das Landgericht hörte am 3.3.2008 die Beteiligten zu 1 und 2 sowie die leiblichen Eltern des Anzunehmenden an und wies die Beschwerde sodann mit Beschluss vom 19.3.2008 zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 vom 8.4.2008.
Aus den Gründen
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Annahme eines Volljährigen als Kind sei möglich, wenn sie sittlich gerechtfertigt ist.
Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Aufgrund des sich aus den Akten ergebenden Inhalts der vormundschaftsgerichtlichen Anhörungen und der vom Beschwerdegericht selbst durchgeführten Anhörung sei es überzeugt, dass zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 ein vorbildliches Tante-Neffen-Verhältnis und zwischen dem Beteiligten zu 1 und seinen leiblichen Eltern ein gutes Eltern-Kind-Verhältnis bestehe. Die Erziehung des Beteiligten zu 1 sei im Wesentlichen im Elternhaus erfolgt; zum bäuerlichen Anwesen der Beteiligten zu 2 und deren Bruder habe sich der Beteiligte zu 1 durch seine besondere Neigung zur Landwirtschaft hingezogen gefühlt; letztlich führe der Beteiligte zu 1 nun den Futtermittelbetrieb, den er vom Bruder der Beteiligten zu 2 gepachtet habe. Bei der ersten Anhörung durch das Vormundschaftsgericht habe die Beteiligte zu 2 auf den Vorhalt der Richterin, dass die Adoption aus steuerlichen Gründen beantragt werde, angegeben, dass im Todesfall nicht allzu viel übrig bleibe, da sie zwar über eine gute Rente, aber nur über ein kleines Vermögen verfüge. Bei der zweiten Anhörung vor dem Vormundschaftsgericht habe die Beteiligte zu 2 eingeräumt, dass sich ihr Geldvermögen derzeit auf 600.000 EUR belaufe, ihr außerdem mehrere Grundstücke gehörten und nur auf einem dieser Grundstücke noch ein durch Grundschuld abgesichertes Darlehen in Höhe von ca. 16.000 EUR laste.
Das Beschwerdegericht habe aufgrund der Gesamtumstände erhebliche Zweifel, ob zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist bzw. ein solches zu erwarten sei. Es fehle an einer sittlichen Rechtfertigung für die Adoption. Die Steuerersparnis sei vorliegend nicht bloß erlaubter Nebenerfolg, sondern Hauptzweck der beantragten Adoption.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Gemäß § 1767 Abs. 1 Hs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. § 1767 Abs. 1 Hs. 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (vgl. BayObLG FamRZ 2005, 131). Ob die Annahme eines Volljährigen als Kind sittlich gerechtfertigt ist, ist Tat- und Rechtsfrage; die Feststellung der einzelnen Tatumstände ist dem Tatrichter vorbehalten. Ein familienbezogenes Motiv muss entscheidender Anlass für die Annahme sein (Staudinger/Frank BGB, Bearbeitungsstand 2007, § 1767 Rn 21 mwN). Spielen mehrere Motive eine Rolle, so muss das familienbezogene Motiv das Hauptmotiv sein; das Vorliegen weiterer Motive schadet nicht, solange es sich nur um Nebenmotive handelt (vgl. Bay-ObLG FamRZ 2005, 546).
Die Voraussetzungen für die Adoption eines Volljährigen müssen positiv festgestellt werden. Wenn nach der Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände begründete Zweifel verbleiben, ob die beantragte Adoption sittlich gerechtfertigt ist, muss der Antrag abgelehnt werden (OLG Köln FGPrax 2007, 121; OLG Köln FamRZ 2003, 1870; BayObLG FamRZ 1996, 183).
b) Das Landgericht hat sich mit der Frage des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 eingehend befasst. Seine Ausführungen hierzu sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat ferner erkannt, dass die Anforderungen, die an das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu stellen sind, ...