Ausdrückliche Vorschriften dazu, welches Verfahren der Notar bei der "Aufnahme" eines Verzeichnisses anzuwenden hat, finden sich weder in der BNotO noch im BeurkG, womit die Frage, welche Anforderungen an das Verfahren im Rahmen des § 2314 Abs. 1 S. 3 aE BGB zu stellen sind, nicht ausdrücklich gesetzlich geklärt ist. Das Wortlaut-Argument der herrschenden Meinung läuft ins Leere, da der Gesetzgeber zwischen den Begriffen Aufnahme und Hinzuziehung nicht unterschieden hat. Sowohl eine historische als auch eine teleologische Auslegung der Vorschrift führen zu dem Ergebnis, dass den Notar keine eigenen Ermittlungspflichten treffen.
Ein Blick in die Gesetzesmaterialien und Motive zum BGB belegt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, der Gesetzgeber habe bei § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB bewusst den Begriff Aufnahme anstatt Hinzuziehung verwendet und damit dem Notar Ermittlungspflichten auferlegen wollen. Dies zeigt sich anhand von § 2102 des Ersten Entwurfes (dem jetzigen § 2002 BGB). Bei dieser Vorschrift wurde in den Motiven noch der Begriff Aufnahme benutzt. Zu der sogenannten "Aufnahme" wurden folgende Ausführungen gemacht: "Dieses Organ [die aufnehmende Behörde oder der aufnehmende Beamte, Anm. der Verf.] soll nicht berufen werden, gegen den Erben sich richtende Ermittlungen anzustellen; es soll vielmehr nur dem Erben als Beistand dienen. Der Wert dieses Beistands liegt im Wesentlichen darin, dass der Erbe, wenn er auch zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Angabe bereit ist, in der Herstellung eines auf seine Angaben sich gründenden Verzeichnisses unterstützt und vor der Herstellung eines unvollständigen, unbrauchbaren und vielleicht gar nicht die Bezeichnung als Inventar verdienendes Schriftstück bewahrt wird. Nach den Erfahrungen des praktischen Lebens werden die Erben zumeist, auch wenn sie redlichen Willens sind, nicht in der Lage sein, ohne Beihilfe ein Inventar zu errichten, welches eine Übersicht über den Stand des Nachlasses gewährt. Die Übelstände, welche aus solchen mangelhaften Inventaren sich ergeben, können nicht als gering angesehen werden. Diesen Übelständen vorzubeugen, ist geboten." Weiter wird ausgeführt: "Freilich wird nicht erreicht werden, dass eine Gewähr für die sachliche Richtigkeit des Inventars auch dann besteht, wenn es der Erbe an der erforderlichen Aufrichtigkeit hat fehlen lassen. Eine solche Gewähr kann indessen nur beschafft werden, und selbst dann nur in beschränktem Maße, wenn die Behörden oder Beamten sofort nach dem Eintritte des Erbfalls einzugreifen hätten und mit inquisitorischen Befugnissen ausgestattet würden." Der Begriff "Aufnahme" wurde im Ersten Entwurf somit offensichtlich keinesfalls bewusst in Abgrenzung zum Begriff "Hinzuziehung" verwendet, und der Gesetzgeber definierte unter "Aufnahme" auch nicht das, was die herrschende Meinung heute hierunter versteht.
Im Rahmen der Zweiten Lesung wurde auch in keiner Weise darüber diskutiert, ob die Vorschrift dahingehend umzuformulieren sei, dass ein Recht auf Hinzuziehung statt Aufnahme zu gewähren sei. Es wurde festgestellt, dass die §§ 2102, 2103 BGB-E von der Subkommission prinzipiell nicht geändert worden seien und dass § 2102 BGB-E unverändert aufrechterhalten werden solle. Obwohl die Kommission keinen Änderungsbedarf sah, wurde die Vorschrift dahingehend umformuliert, dass statt einer "Aufnahme" im jetzigen § 2002 BGB eine "Hinzuziehung" verlangt werden kann. Es finden sich aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, der Gesetzgeber habe damit die Anforderungen an die Tätigkeit des Notars ändern wollen.
Ebenfalls im Rahmen der Zweiten Lesung wurde dann die Vorschrift des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB auf entsprechenden Antrag hin eingefügt. Zur Begründung des Anspruchs auf Aufnahme des Verzeichnisses durch die zuständige Behörde, einen zuständigen Beamten oder Notar wurde angeführt, dass dies die für die Inventarerrichtung vorgeschriebene Form sei. Man wollte sich also an der Formulierung des § 2102 BGB-E orientieren, die Vorschrift gleichermaßen ausgestalten und keinesfalls irgendwelche Unterschiede bezüglich der Form der Mitwirkung des Notars machen. Die geänderte Formulierung bei § 2002 BGB ist bei Einfügen des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB anscheinend entweder versehentlich außer Acht oder unberücksichtigt geblieben, weil man zwischen den Ansprüchen auf Aufnahme und auf Hinzuziehung keine Unterschiede sah. Mit keiner Silbe wird in den Protokollen erwähnt, dass zwischen der Mitwirkung des Notars bei § 2002 BGB und der bei § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB zu differenzieren sei. Es war für den Gesetzgeber offensichtlich ohne Bedeutung, ob er einen Anspruch auf "Hinzuziehung" oder auf "Aufnahme" normiert. Hätte der Gesetzgeber sich bewusst mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Anspruch auf "Aufnahme" oder "Hinzuziehung" zu gewähren ist, und hätte er die Begriffe so unterschiedlich definiert, wie es die herrschende Meinung heute tut, hätte er sich für "Hinzuziehung" entschieden, wie sich anhand der Ausführungen in den Motiven z...