Einen interessanten und für die Praxis, gerade für Laien, wichtigen Fall hat der BFH letztes Jahr entschieden: Am 11.7.2019 (Az. II R 4/17 – DStR 2019, 2692) war der Sachverhalt zu beurteilen, dass im Testament ein Pfarrer persönlich als Erbe eingesetzt war. Nach dem Pfarrdienstgesetz der EKD war er verpflichtet, nach genehmigter Annahme der Zuwendung sein "Erbe" an seine Kirchengemeinde weiterzuleiten.
Im Ergebnis ließ der BFH einen Abzug als Nachlassverbindlichkeit des im Übrigen steuerpflichtigen Pfarrers nach § 10 Abs. 5 ErbStG – wahrscheinlich unvermeidbar im Ergebnis – nicht zu.
Zunächst mag die Steuerpflicht des Pfarrers überhaupt, unter Beachtung seiner Weitergabeverpflichtung, überraschen. Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a) ErbStG für Zuwendungen an inländische Kirchen kommt aber nur in Betracht, wenn die Zuwendung unmittelbar an die Körperschaft des öffentlichen Rechts, z.B. die evangelische Landeskirche mit ihren Gemeinden etc. oder eine römisch-katholische Kirchengemeinde (Aufzählung nicht abschließend!), stattfindet. Damit ist ausgeschlossen, dass eine Zuwendung an eine Einzelperson innerhalb dieser Religionsgemeinschaft trotz Verpflichtung zur Weiterleitung, z.B. im Fall einer Ordensschwester aufgrund des Gelübdes etc., befreit sein kann. Im Spendenbereich des EStG ist dies sogar für eine Zuwendung "an den Papst" entschieden, so dass ein Pfarrer dann wohl über den Schluss "de maiore ad minus" auch nicht befreit sein kann.
Deshalb ergab sich allein die Frage, ob die im Ergebnis tatbestandlich unbestrittene Weiterleitungsverpflichtung des Pfarrers zugunsten seiner Gemeinde eine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 10 Abs. 5 ErbStG darstellte und seinen Erwerb dadurch nach der Differenzmethode auf "0" hätte mindern können. Der BFH, der wohl die unglückliche Gesamtsituation erkannte, hatte zunächst – in den engen Grenzen einer Revisionsinstanz – noch über eine Testamentsauslegung die Einsetzung des Pfarrers als Erbe zweifelnd geprüft, aber wohl keine Chance gesehen, hier vielleicht eine unmittelbare Erbeinsetzung der Kirchengemeinde ohne Andeutung im Wortlaut des Testaments zu folgern.
Die Weiterleitungsverpflichtung – wieder tatbestandlich unstreitig – des Pfarrers zugunsten seiner Gemeinde aufgrund der dienstrechtlichen Bestimmungen konnte dann nicht unter die Nachlassverbindlichkeiten des § 10 Abs. 5 ErbStG fallen: Eine Erblasserschuld (Nr. 1) scheidet erkennbar aus, weil die Verpflichtung gerade aufseiten des Erben persönlich begrenzt besteht. Eine Erbfallschuld, also konkret eine Auflage (Nr. 2), sollte ausscheiden, wiederum weil die Last ausschließlich in der Person des Erben ihre Ursache hatte und deshalb mit dem Erwerb vom Erblasser zunächst nicht in Verbindung stand. Schließlich schied Erwerbsaufwand (Nr. 3) aus, weil der Pfarrer die Weiterleitung gerade nicht zur Erlangung des Erwerbs akzeptierte und durchführte, sondern zunächst unabhängig davon Alleinerbe des Erblassers war. Im Ergebnis konnte die Belastung mit der Weiterleitungsverpflichtung nicht bereicherungsmindernd abgezogen werden, was letztlich die bestimmt nicht privatnützige lokale Gemeinde des Erblassers (in Stkl. III) herbe traf.
Das mag bei wertender Betrachtung unbefriedigend sein, war aber bei systematisch korrekter Anwendung der betroffenen Vorschriften des ErbStG unvermeidbar.
Für die Praxis kann deshalb nur der Hinweis gelten, als Erblasser unbedingt die juristische Person, also z.B. eine Gemeinde, als Erbe oder Vermächtnisnehmer einzusetzen. Sollte eine persönliche Kontrolle der Zuwendung durch eine Vertrauensperson innerhalb einer kirchlichen Organisation, gerade vielleicht den langjährig vertrauten Gemeindepfarrer, gewünscht sein, ist dies – in den Grenzen der kirchenrechtlichen Bestimmungen – leichter verwirklichungsfähig. Der Betreffende könnte z.B. vorbehaltlich der innerkirchlichen Genehmigungserfordernisse als Testamentsvollstrecker eingesetzt sein. Er darf aber gerade keinen eigenen Vermögensvorteil erlangen, auch eben nicht nur formal aufgrund einer bestehenden Weitergabeverpflichtung. Die konkrete kirchendienstrechtliche Situation sollte möglichst nicht erst posthum geklärt werden.
Zerberus meint: (Scheinbar!) reicher Pfarrer – arme Pfarre …
ZErb 3/2020, S. 1