Vor dem Hintergrund der angestrebten Flexibilität des überlebenden Ehegatten stellt sich die Frage, ob der Umfang des Vermächtnisses wertmäßig auf null festgelegt werden könnte. Zur Beantwortung dieser Frage sind unterschiedliche Konstellationen in den Blick zu nehmen.
§ 2151 BGB geht schon dem Wortlaut nach davon aus, dass der Vermächtnisgegenstand feststeht und allein im Hinblick auf die Bestimmung des Vermächtnisnehmers der Erblasser lediglich eine Vorauswahl trifft. Im Rahmen des § 2151 BGB ist es daher selbstverständlich, dass diejenigen aus dem Kreis der Bedachten, die letztlich nicht ausgewählt werden, leer ausgehen. (Mindestens) eine Person erhält aber den Vermächtnisgegenstand.
Im Rahmen des § 2156 BGB gilt aufgrund des Wortlauts und wegen der systematischen Zusammenschau mit § 2065 Abs. 1 BGB ebenfalls der Grundsatz, dass nur der Erblasser selbst das Vermächtnis anordnen und damit über das "Ob" des Vermächtnisses entscheiden kann. Bei der Festlegung der Ausschöpfung der Erbschaftsteuerfreibeträge als Zweck ist allerdings zu beachten, dass der Wert des Vermächtnisses durch die Höhe des Erbschaftsteuerfreibetrages im Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt ist. Dieser kann aufgrund von Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers voll ausgeschöpft sein. In diesem Fall wäre die Festlegung des Vermächtnisses auf null die einzige zweckentsprechende Bestimmung.
Weiterhin ergibt sich aus der Kombination von §§ 2151 Abs. 1 und 2156 BGB, dass eine Regelung, die es dem beschwerten Bestimmungsberechtigten erlaubt, das Vermächtnis auf einen Wert von Null zu reduzieren, also faktisch das "ob" des Vermächtnisses zu bestimmen, mit § 2156 BGB vereinbar ist. Dies gilt allerdings nur insofern, als dass einer der Bedachten einen (dem Zweck entsprechenden) Vermächtnisgegenstand erhält. Denn in diesem Fall ist eben wie im Grundfall des § 2151 BGB nur einer der Bedachten als Vermächtnisnehmer ausgewählt worden.
Von den Besonderheiten der wertmäßigen Bestimmung auf null abgesehen wird man im Übrigen nicht davon ausgehen können, dass etwa bei einem sehr niedrigen Betrag eine Umgehung der Anordnung des "ob" des Vermächtnisses durch den Erblasser vorliegt. Zwar ist in diesem Fall der Bestimmungsberechtigte faktisch der Nutznießer des leerlaufenden Vermächtnisses, was zu einem Interessenkonflikt führt. Diesen Interessenkonflikt nimmt § 2156 BGB aber gerade in Kauf, indem er ausdrücklich anordnet, dass die Bestimmung dem Beschwerten überlassen werden kann. Eine solch faktische Reichweite beim Zweckvermächtnis spricht allerdings neben den von Kanzleiter angeführten Argumenten für eine zwingende gerichtliche Kontrollmöglichkeit.