II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO sind nicht erfüllt.

a) Die Zulassung der Revision aus diesem Grund setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist. Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (BFH, Beschl. vom 5.6.2019 – II B 21/18, BFH/NV 2019, 1253, Rn 11, und vom 5.3.2020 – II B 99/18, BFH/NV 2020, 852, Rn 13, jeweils m.w.N.).

b) Nach Auffassung des Klägers ist das FG von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Sittenwidrigkeit wucherähnlicher Geschäfte (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 19.1.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298) abgewichen.

Nach der Rechtsprechung des BGH könne ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung den Schluss auf eine bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes rechtfertigen. Für das Vorliegen eines besonders groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung und die daran anknüpfende Schlussfolgerung auf die verwerfliche Gesinnung komme es allein auf die objektiven Werte dieser Leistungen an. Allein ein besonders grobes Äquivalenzmissverhältnis erlaube es, auf die verwerfliche Gesinnung als subjektives Merkmal des § 138 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu schließen. Jedenfalls handele es sich um eine beweiserleichternde tatsächliche Vermutung für die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten.

Demgegenüber sei das FG bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein Pflichtteilsverzicht bei Vorliegen einer Gegenleistung erst recht wirksam sein könne, wenn er nach dem BGB auch ohne eine Gegenleistung wirksam sein könne. Ein besonders grobes Verhältnis zwischen dem Wert des Pflichtteilsverzichts und der dafür erhaltenen Abfindung sei für die Prüfung einer möglichen Sittenwidrigkeit unbeachtlich. Für das Vorliegen einer möglichen Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilsverzichts sei nicht auf das Verhältnis des Werts des Verzichts zum Wert der Abfindung abzustellen, sondern darauf, ob der Verzichtende subjektiv als durch die Abfindung versorgt angesehen werden konnte.

c) Die vom FG aufgestellten Rechtssätze stehen der Rechtsprechung des BGH nicht entgegen.

aa) Das FG ist davon ausgegangen, dass die Unwirksamkeit des Abfindungsgeschäfts wegen § 138 BGB auch zur Unwirksamkeit des Pflichtteilsverzichts führen kann. Dabei hat es ausdrücklich Bezug genommen auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 8.11.2016 – I-10 U 36/15 (Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2017, 1167). In diesem Fall entschied das Gericht, dass der streitgegenständliche Erbverzicht, in dem ein Ungleichgewicht zu Lasten des Verzichtenden bestand, sittenwidrig war.

Damit hat das FG keine divergierenden Rechtssätze aufgestellt. Vielmehr hat es im Rahmen seiner tatsächlichen Würdigung den Wert des Nachlasses und die Abfindungsleistungen gegenübergestellt und kein sittenwidriges Missverhältnis im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses feststellen können. Auch wenn das FG von einer wertmäßigen Differenz zwischen der Abfindung und dem Wert des Nachlasses ausgeht, fehlt es seiner Auffassung nach an einem besonders groben Missverhältnis, das Voraussetzung für die Unwirksamkeit ist. Somit ist es der Rechtsprechung des BGH gefolgt, wonach die Voraussetzungen des § 138 BGB anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festgestellt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 14.6.2017 – III ZR 487/16, Neue Juristische Wochenschrift–Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2017, 1261, Rn 7).

bb) Tatsachenwürdigungen kann der BFH nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang stehen, unabhängig davon, ob sie nicht zwingend, sondern nur möglich sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 29.6.2016 – II R 41/14, BFHE 254, 64, BStBl II 2016, 865, Rn 28, und vom 12.2.2020 – XI R 24/18, BFHE nn, Deutsches Steuerrecht 2020, 1190, Rn 47, jeweils m.w.N.).

Ausgehend davon ist die Tatsachenwürdigung durch das FG nicht zu beanstanden. Das FG hat zutreffend den aleatorischen Charakter eines Pflichtteilsverzichts, in dem jeder Beteiligte bewusst Unsicherheiten hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in der Person des Erblas...

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