Der BGH nutzt die Entscheidung, um der Rolle des Notars bei der Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses weitere Konturen zu verleihen.
Der Notar stellt "nur" eine Wissensquelle des Erben neben anderen dar, derer sich der Erbe bedienen muss, um den Nachlassbestand vollständig und richtig zu beauskunften. Ferner stellt der Notar die Form für die Auskunft des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten bereit. Der Notar hat zwar selbst und eigenständig diejenigen Nachforschungen zur Ermittlung des Nachlasses angestellt, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich hält. Diese kann dem Notar jedoch nur auf der Grundlage der vom Erben geschuldeten Kooperation und seiner Angaben gelingen. Die Einholung von Auskünften und damit auch die Ermittlung des Nachlasses durch den Notar richten sich demnach regelmäßig nach den tatsächlichen Angaben des Erben, die der Notar ausermittelt und aufgrund seiner Rechtskenntnis in das Nachlassverzeichnis einzuordnen hat. Der Notar haftet demnach nach § 19 BNotO nur gegenüber dem Erben, der seinerseits für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten haftet.
Die Überprüfung der Feststellungen des Notars anhand der Ermittlungsunterlagen obliegt daher allein dem Erben und nicht etwa dem Pflichtteilsberechtigten. Der Notar verschafft den Erben aufgrund seiner eigenen Ermittlungen die zur Auskunftserteilung notwendige Kenntnisse. Der Erbe macht sich die vom Notar ermittelten Kenntnisse zu eigen, in dem er das notarielle Verzeichnis dem Pflichtteilsberechtigten als seine eigenen Auskunft nach § 2314 BGB vorlegt. Gelangt der Erbe (ggf. auch später) zu der Erkenntnis, dass Angaben des Notars unzutreffend oder lückenhaft sind, muss er diese berichtigten bzw. ergänzen und/oder den Notar zur Ergänzung veranlassen. Soweit der Erbe den Fehler im Zusammenhang mit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erkennt, muss er die an Eides statt zu versichernde Formel entsprechend anzupassen (§ 261 Abs. 1 BGB).
Durch die klare Verortung des notariellen Nachlassverzeichnisses als Auskunft des Erben und die Tätigkeit des Notars als Wissensvermittler für den Erben folgt, dass der Pflichtteilsberechtigte zukünftig vermehrt auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung angewiesen sein wird, soweit der Erbe eine erfüllungstaugliche Auskunft erteilt hat. Der BGH hat die Hürden für eine eidesstattlichen Versicherung deutlich verringert, da bereits unvollständige bzw. unrichtigen frühere Angaben des Erben, insbesondere in privatschriftlichen Nachlassverzeichnissen, ausreichend sind, um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu verlangen.