Der Minderjährige wird grundsätzliche durch seine Eltern gemeinsam vertreten, wenn diese das gemeinsame Sorgerecht ausüben (§ 1629 Abs. 1 S. 2 BGB). Übt ein Elternteil das Sorgerecht allein aus, vertritt er das Kind allein (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB). Gem. § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB können die Eltern das Kind nicht vertreten, wenn nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen wäre.[1] Es muss dann ein Ergänzungspfleger für den Minderjährigen handeln.

[1] Grüneberg/Götz, BGB, 81. Aufl. 2022, § 1629 Rn 14; Pauli, ZErb 2016, 131, 132.

a) Vertretungsausschluss der Eltern bei potentieller Interessenkollision

Die Eltern bzw. ein Vormund dürfen gem. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB keine Rechtsgeschäfte für den Minderjährigen vornehmen, wenn der jeweilige Ehegatte, Lebenspartner oder ein Verwandter in gerader Linie (z.B. Großeltern etc.) beteiligt sind. Da die Eltern das Kind gemeinschaftlich vertreten, greifen die Ausschlüsse auch dann, wenn nur ein Elternteil Vertragspartner werden soll oder nur für einen Elternteil die Ausschließungsgründe des § 1795 Abs. 1 BGB gelten.[2]

[2] Grüneberg/Götz, 81. Aufl. 2022, § 1629 Rn 14; Bamberger/Roth/Veith, 4. Aufl. 2019, § 1629 Rn 28.

b) Kein Vertretungsausschluss der Eltern bei Erfüllung einer Verbindlichkeit

Ein Vertretungsausschluss der Eltern besteht nicht, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

c) Kein Vertretungsausschluss der Eltern bei lediglich rechtlichem Vorteil

Ein Vertretungsausschluss der Eltern besteht zudem nicht, wenn das Rechtsgeschäft dem vertretenen Kind einen lediglich rechtlichen Vorteil verschafft.[3] Ist das Rechtsgeschäft für das Kind lediglich rechtlich vorteilhaft oder zumindest rechtlich neutral, ist der Schutzzweck der Vertretungsbeschränkungen nicht erforderlich, da es sich um eine reine Begünstigung des Kindes handelt. Der gesetzliche Vertreter ist dann doch zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt.[4]

Eine lediglich rechtliche Vorteilhaftigkeit liegt immer dann vor, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen ausschließlich mit Verpflichtungen verbunden ist, für die er nur dinglich mit der erworbenen Sache und nicht persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet.[5] Es ist allein auf die rechtliche Vorteilhaftigkeit abzustellen, die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist unerheblich.[6]

[3] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 416 ff.; BGH, Urt. v. 27.9.1972 – IV ZR 225/69, NJW 1972, 2262, 2263; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl. 2022, § 107 Rn 1; Grüneberg/Götz, 81. Aufl. 2022, § 1795 Rn 13.
[4] Strenggenommen könnte ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, bei einem lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäft auch selbst an der Urkunde mitwirken. Dies ist in der notariellen Praxis aber absolut unüblich. Auch der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige wird in der Praxis daher durch seine Eltern vertreten.
[5] OLG Köln, Beschl. v. 11.6.2003 – 2 Wx 18/03, RNotZ 2003, 515, 517; BGH, Beschl. v. 9.7.1980 – V ZB 16/79, NJW 1981, 109, 110.
[6] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 418; Grüneberg/Ellenberger, 81. Aufl. 2022, § 107 Rn 2.

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