Zivilrechtlich gründet das Zweckvermächtnis auf § 2156 BGB und gibt dem Beschwerten das Recht, ggf. z.B. den Gegenstand, insbesondere aber auch den Zeitpunkt der Vermächtniserfüllung, zu bestimmen.[16] Dabei kann das Zweckvermächtnis ggf. mit anderen flexiblen Elementen des Vermächtnisrechts, wie dem Bestimmungsvermächtnis der §§ 2151, 2153 BGB, kombiniert werden.

Anwendungsbereich des Zweckvermächtnisses ist insbesondere die Konstellation des "Berliner Testaments", bei dem regelmäßig dem Überlebenden beider Eheleute zunächst der ganze Nachlass zugewiesen wird und zur erbschaftsteuerlichen Optimierung dieser den Kindern als Schlusserben oder ggf. auch einzelnen von ihnen im Zusammenwirken mit Pflichtteilsstrafklauseln ein Vermächtnis auskehren soll. Dieses soll ihn möglichst vor dem eigenen Todesfall nicht belasten, trotzdem aber bereits zum Abzug der Last beim ersten Todesfall führen.

Die zivilrechtlichen Gestaltungen sollen hier nicht weiter untersucht werden.[17] Steuerlich[18] ist unmittelbar erkennbar, dass die ggf. zeitlich stark nach hinten verschobene Erfüllung des Vermächtnisses zum Zwischenerwerb des Belasteten und ggf. auch zu einem begrenzten Abzug der Last bei ihm eben nicht in vollem Umfang sofort mit dem Tod des Erstversterbenden führen kann.

Zweckvermächtnisse mögen deshalb als Auffanglösungen für durch wirtschaftliche Zwänge verursachte Notwendigkeiten interessant sein. Jedenfalls dann, wenn in ausreichendem Umfang Vermögen vorhanden ist, sollte eine derartige Lösung, die für die Finanzverwaltung zumeist eine "Reizgestaltung" darstellt und auch bei der Rechtsprechung Zweifel an der wirtschaftlichen Belastung zumeist des überlebenden Ehepartners beim ersten Erbfall auslösen kann, eher vermieden werden. Im Detail:

[16] Palandt/Weidlich, BGB-Komm, 80. Aufl. 2021, § 2156 Rn 1; krit. Kanzleiter, in FS Brambring, 2011, 225.
[17] Vgl. dazu z.B. Streppel, DNotZ 2021, 259 (mit Erörterung auch von OLG Hamm v. 16.8.2018 –15 W 256/18, ErbR 2019, 650) und m.w.N. in FN 2 dort.
[18] Dazu z.B. Bredemeyer, ZErb 2017, 343; Brüggemann, ErbBstg. 2020, 228; Keim, ZEV 2016, 6; Piltz, ZEV 2005, 469; Steiner, ErbStB 2011, 144.

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