Für § 3 Nr. 2 GrEStG muss zudem ein grundsätzlich nach dem ErbStG steuerbarer Tatbestand vorliegen, nicht etwa eine aus zivilrechtlichen Gründen (z.B. Rückforderungsrecht und deshalb erzwungene Herausgabe!) von vornherein nicht schenkungsteuerbare Übertragung.

Als Paradebeispiel für eine Steuerbarkeit soll der Fall gelten, dass ein Vater die Schenkung von Gesellschaftsbeteiligungen an seine Söhne aus anderen Steuerüberlegungen widerrief und mit einer schenkungsteuerfrei zurückerhaltenen Gesellschaftsbeteiligung (ohne Rückschenkung, weil im Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG!) auf einer unteren Ebene aufgrund einer weiter hier von ihm unmittelbar gehaltenen Beteiligung allein durch die jetzt zurückerworbene, mittelbar gehaltene Beteiligung die grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung auslöste.[5] § 3 Nr. 2 GrEStG konnte mangels steuerbaren Tatbestands i.S.d. ErbStG nicht eingreifen.

Ausreichend ist aber ggf. auch, auf der ggf. einzigen Ebene der Widerruf einer Schenkung von 20 % der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Grundbesitz, wenn sich beim Schenker zurückbehaltene Anteile von z.B. 80 % damit (wieder) vereinigen, bei einer Kapitalgesellschaft ohne Anwendung des § 3 Nr. 6 GrEStG.[6]

 

Beispiel:

Eine Mutter schenkt ihrem Sohn 80 % (von ihren 100 %) der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft und behält sich für bestimmte Fälle den Widerruf vor. Der Widerruf wird z.B. fünf Jahre später nach einer versuchten ungenehmigten Veräußerung der Anteile oder alternativ auch dem Tod des Sohns geltend gemacht und die Rückforderung abgewickelt.

Bei der Mutter kommt es zu einer Anteilsvereinigung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (konkret erstmalige, wenn auch "eigentlich" erneute Anteilsvereinigung). Das Verwandtschaftsprivileg nach § 3 Nr. 6 GrEStG und – mangels Tatbestandsmäßigkeit der erzwungenen Rückgängigmachung für eine denkbare Steuerbarkeit nach dem ErbStG – auch das Schenkungsprivileg des § 3 Nr. 2 GrEStG scheiden aus.

Entlastend kann in dem Beispielsfall (im BFH-Entscheid vom 4.3.2020 nicht geprüft!) nur noch die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG wirken, wenn danach eine nicht steuerbare Rückgängigmachung vorliegt, obwohl der vorherige Schenkungsvorgang wegen § 3 Nr. 2 GrEStG nicht grunderwerbsteuerbar war.[7]

[5] BFH v. 4.3.2020 – II R 2/17, BStBl II 2020, 511. Ähnlich im Ergebnis FG Düsseldorf v. 4.5.2023 – 11 K 2851/21, EFG 2023, 941, zur Übertragung auf niederländische Stiftung gegen Ausgabe von Zertifikaten mit Mitverwaltungsrechten.
[6] Bsp. bei Gottwald, Anm. zu BFH v. 23.5.2012 – II R 21/10, ZEV 2012, 499.
[7] Bejaht zugunsten des Steuerpflichtigen von FG Münster v. 11.5.2023 8 – K 998/21, EFG 2023, 1021 – Rev. BFH II R 16/23.

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