Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der Vater der Parteien dem Kläger dessen Pflichtteil wirksam entzogen hat und zwar nach § 2333 Nr. 2 BGB: (...) Weiter ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner Tat vorsätzlich und schuldhaft gehandelt hat, insbesondere also auch im Zustand der Zurechnungsfähigkeit.
Wer im Rahmen einer Pflichtteilsentziehung nach § 2333 Nr. 2 BGB die Beweislast für die Zurechnungsfähigkeit des Täters trägt, ist – soweit ersichtlich – höchstrichterlich bislang ungeklärt. Es entspricht zwar nach Auffassung des BGH allgemeiner Auffassung, dass für die Entziehung des Pflichtteils derjenige, der die Entziehung geltend macht, nach § 2336 Abs. 3 BGB mit dem Grund der Entziehung auch das Nichtvorliegen von Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen beweisen muss. Ob bei der Entziehung des Pflichtteils zum Grund der Entziehung im Sinne des § 2336 Abs. 3 BGB auch die Zurechnungsfähigkeit des Pflichtteilsberechtigten zählt oder ob insoweit die Beweislastregel des § 827 als die speziellere Norm vorgeht, ist damit nach der ausdrücklichen Klarstellung des BGH nicht entschieden (vgl. zum Ganzen BGH NJW 1988, 823). Immerhin hat es der BGH in der oben zitierten Entscheidung betreffend § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB, also im Rahmen der Erbunwürdigkeit wegen einer vorsätzlichen und widerrechtlichen Tötung des Erblassers oder eines entsprechenden Versuchs, für geboten erkannt, die Beweislastregel des § 827 BGB anzuwenden, wonach derjenige die Beweislast für die Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses trägt, der ihn für sich in Anspruch nimmt. Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass die Vorschrift einen allgemeinen Rechtsgedanken enthalte, der alle Fälle betreffe, bei denen Rechtsfolgen aus der schuldhaften Verletzung rechtlich begründeter Pflichten oder Obliegenheiten abgeleitet werden. Auf der Grundlage hält das Gericht dafür, dass auch im Fall hier, also im Fall einer Entziehung des Pflichtteils nach § 2333 Nr. 2 BGB, zur Frage der Zurechnungsfähigkeit die Beweislastregel des § 827 BGB anzuwenden ist:
Das Gericht teilt die oben referierte Auffassung des BHG zu Inhalt und Reichweite des § 827 BGB. Auf der Grundlage kann und muss festgestellt werden, dass es ihm Rahmen des § 2333 Nr. 2 BGB gerade um solche Rechtsfolgen einer schuldhaften Verletzung rechtlich begründeter Pflichten geht, konkret sogar Rechtsfolgen aus einer unerlaubten Handlung. Dass es dabei nicht um schadensersatzrechtliche Folgen geht, sondern um eine erbrechtliche Sanktion, ändert daran (auch) nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs nichts. Dann aber ist auf dieser Basis die Beweislastregel aus § 827 BGB anzuwenden. Das Gericht übersieht bei dieser Argumentation nicht, dass die mit § 2333 Nr. 2 BGB sanktionierte Handlung einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung jedenfalls auf den ersten Blick nicht von gleichem Gewicht ist wie die in § 2339 Nr. 1 BGB normierten Gründe. Der zitierten Entscheidung des BGH lässt sich indessen nicht entnehmen, dass dies einer Ausweitung der Argumentation des BGH auf die weiteren Tatbestände des § 2339 BGB bzw. auf die Pflichtteilsentziehungsgründe des § 2333 BGB entgegenstünde; diese Frage bleibt vielmehr offen. Der vom BGH herausgearbeitete Rechtsgedanke gibt gleichzeitig gerade keinen Anlass, danach zu differenzieren, ob es um schwerstes vorsätzlich begangenes Handlungsrecht geht oder weniger schweres. Vor allem aber ist zu bedenken, dass die in den §§ 2333, 2339 BGB normierten Pflichtteilsentziehungsgründe bzw. Erbunwürdigkeitsgründe jeweils innerhalb der Norm als gleichwertig behandelt werden. Hinzu kommt der inhaltliche Zusammenhang beider Regelungsbereiche, die zusammengefasst normieren, unter welchen Voraussetzungen ein zur Erbschaft Berufener vollständig von einer wirtschaftlichen Beteiligung am Nachlass ausgeschlossen werden kann. Dann aber besteht kein Grund, im Rahmen der §§ 2333 und 2339 BGB unterschiedliche Beweislastregeln anzuwenden (vgl. auch Dieckmann in Soergel, 13. Auflage 2002, § 2336 BGB, Rn 10). (...)