Die Ländererlasse vom 19.3.2007 und vom 10.3.2008 sind in Bezug auf die geplante Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts wörtlich identisch. Beide Erlasse unterscheiden sich aber ganz wesentlich in Bezug auf das Haushaltsbegleitgesetz 2004. Aufgrund der Ländererlasse vom 19.3.2007 ergingen die Steuerbescheide auch insoweit nur vorläufig (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO), was durch folgenden Erläuterungstext deutlich gemacht worden ist:
"Die Festsetzung der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) ist gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO im Hinblick auf die durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 – 1 BvL 10/02 – angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung in vollem Umfang vorläufig. Sie ist ferner gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich der Anwendung der §§ 13 a, 19 a ErbStG in der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076, 2004 I S. 69) geänderten Fassung. Der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Anwendung der §§ 13 a, 19a ErbStG erfasst nur die Frage, ob diese Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sie erfolgt aus verfahrenstechnischen Gründen und ist nicht dahin zu verstehen, dass diese Vorschriften als verfassungswidrig angesehen werden. Sollte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Aufhebung oder Änderung dieses Steuerbescheids erfordern, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen. Gleiches gilt, falls aufgrund der durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 veranlassten gesetzlichen Neuregelung dieser Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern sein wird. Ein Einspruch ist daher insoweit nicht erforderlich."
In den neuen Ländererlassen vom 10.3.2008 findet sich dieser Vorläufigkeitsvermerk nicht mehr. Die gleich lautenden Erlasse vom 19.3.2007 werden vielmehr in vollem Umfang aufgehoben. Die Finanzverwaltung hat nicht mitgeteilt, warum der Vorläufigkeitsvermerk in Bezug auf das Haushaltsbegleitgesetz 2004 entfallen ist.
Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurden die Vergünstigungen für unternehmerisches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (§§ 13a, 19a ErbStG) mit Wirkung zum 1.1.2004 eingeschränkt (Senkung des Betriebsvermögensfreibetrags von 256.000 EUR auf 225.000 EUR in § 13a Abs. 1 ErbStG, Reduzierung des Bewertungsabschlags von 40 % auf 35 % in § 13a Abs. 2 ErbStG und Begrenzung der Tarifermäßigung auf 88 % in § 19a ErbStG).
Von Anfang an war umstritten, ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 – in formeller Hinsicht – verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Beim Bundesverfassungsgericht waren bislang lediglich zwei Verfahren in Bezug auf die Biersteuer anhängig, die - ebenso wie die Erbschaft- und Schenkungsteuer – durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 erhöht worden ist. Mit Beschluss vom 7.11.2007 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, die beiden Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Beschwerdeführer (konkret ging es um zwei Brauereien) durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nicht unmittelbar in ihren Rechten betroffen worden sind. Die Frage, ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 formell verfassungsgemäß ist, wurde damit aber noch nicht entschieden. Derzeit ist das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nicht (mehr) Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, so dass kein Grund mehr für eine vorläufige Steuerfestsetzung (nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO) besteht. Die neuen Ländererlasse vom 10.3.2008 sind insoweit rechtmäßig. Im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Transparenz im Steuerrecht wäre es allerdings wünschenswert, wenn der Anlass für derartige Änderungen deutlich gemacht werden würde.
Für die Praxis der Nachfolgeplanung bleibt somit festzuhalten, dass Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide in Bezug auf das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nicht mehr nur vorläufig ergehen. Steuerfestsetzungen, bei denen §§ 13 a, 19 a ErbStG in der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten Fassung zur Anwendung kommen, werden somit grundsätzlich bestandskräftig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass derzeit ohnehin alle Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide in vollem Umfang nur vorläufig ergehen. Denn dieser Vorläufigkeitsvermerk bezieht sich nur auf die geplante Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO), nicht aber auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Haushaltsbegleitgesetzes 2004. Bei Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 ist künftig gegen entsprechende Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide Einspruch einzulegen. Der Hinweis in den Ländererlassen vom 19.3.2007, wonach ein Einspruch insoweit nicht mehr erforderlich ist, wurde durch die neuen Erlasse vom 10.3.2008 aufgehoben und hat daher keine Gültigkeit mehr.
Bei der formellen Verfassungsmäßigkeit des Haushaltsbegleitgesetz 2004 geht es vor allem um die Reichweite der Befugnisse des Vermittlungsausschusses...